Tage in Bosnien Herzegowina

Begova čorba

Am späten Abend landeten wir am Sarajevo Airport. Die Fahrt in die Stadt zeigte mir eine Stadt, wie ich sie nicht erwartet hatte. Hochhäuser, Lichtreklamen und trotz der späten Abendstunden in lebhaftes Treiben. Ivan sagte: Gehen wir noch etwas essen. Inzwischen hatten wir die Altstadt erreicht und durch ein Gewirr von Gassen kam wir zu Cevabdzinica Zeljo. Hier ist es gut, erzählte Ivan und kurz darauf bekamen wir einen Teller mit diesen wunderbaren frisch gegrillten Fleischröllchen zu denen es nur ein warmes Fladenbrot und viele, viele Zwiebeln gab. Oh je dachte, die sind lecker, aber gibt es jetzt jeden Tag Gegrilltes. Um es vorweg zu nehmen: Vegetarier können in Bosnien überleben, aber es wird ihnen schwer fallen. Dazu aber später mehr.

Am nächsten Morgen führte mich mein Weg in die Altstadt. Mein Hotel lag nur wenige Gehminuten entfernt idyllisch am Ufer der Miljacka. Hoch über dem Hotel auf einem Felsen die weiße und gelbe Bastion. Ein beliebter Aussichtspunkt über die Stadt.

Blick von der gelben Bastion über die Sarajevo

Sarajevo wird auch als das Jerusalem Europas beschrieben, doch es ist viel mehr als das. Diesen Beinamen hat es durch die Vermischung verschiedenen Religionen, die lange Jahre friedlich nebeneinander lebten. Ivo Andric, der große bosnische Schriftsteller, dessen Werk mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde, und Isak Samokovlija  berichten in ihren Erzählungen davon. Beide waren Ärzte und Schriftsteller und lassen vergangene Zeiten in ihren Erzählungen wieder auferstehen. Aber auch darauf will ich später näher eingehen.

In der Altstadt

Ich hatte eine lange Reise unternommen, um hierher zu gelangen, und nun wurden meine Füße vom Kopfsteinpflasterstraßen gestreichelt (oder je nach Perspektive gequält). Hier, in der  Baščarsija tat sich eine wunderliche Welt auf: viele kleine Läden, in der Kupferschmiedgasse saßen noch immer Kupferschmiede über ihrer Arbeit, Händler boten allerlei Waren feil und überall kommt man an   einer Aščinica vorbei. 

“ Asche-was?“ fragt man sich. Ich versuche es gar nicht mit der richtigen  Aussprache. Aber hineingegangen bin ich.  Diese kleinen Restaurants servieren traditionelle bosnische Küche wie Mini evap (gewürfelte Rindfleischsauce perfekt für Pasta, Polenta und mehr) oder Moussaka (Balkan-Moussaka, nicht die griechische Variante) . In den Aščinicas findet man einen Mikrokosmos der bosnischer Küche, der die Gerichte auf originelle Weise serviert. Hier kommt das Essen dem am nächsten, was man bei einer bosnischen Großmutter essen würde.

Es kann sein, dass man gleich gefragt wird, was man möchte. Es kann aber auch sein, dass der Kellner erst einmal in Ruhe seine Zigarette  zu Ende raucht. Man muss einfach den Kellnern verzeihen, die so schlecht bezahlt werden, um sich wirklich zu kümmern. Abgesehen davon, Sarajevo ist berüchtigt für seine Lässigkeit gegenüber Touristen und Prominenten. Paris? New York? Nicht einmal annähernd auf Sarajevo-Niveau. Ich kann es nicht beurteilen, aber es gibt da sagenhafte Geschichten von Prominenten, die nicht erkannt wurden oder die man nicht erkennen wollte. Aller Wahrscheinlichkeit nach wurden sie erkannt, aber niemand kümmerte sich darum.  Hier sind alle Menschen gleich, egal ob Sie ein großer Wurf oder ein kleiner Mann sind. Die Wahrheit ist, man akzeptieren Sarajevo nicht. Sarajevo akzeptiert den Menschen. Oder es tut es nicht. Sarajevo ist ein hartnäckiger Ort.  Sarajevo erwärmt sich langsam für den Fremden. Aber wenn es erst einmal so ist, will man es immer wieder besuchen. Ein Ort mit eigenem Rhythmus, der nach seiner eigenen Zeit lebt.

Alle Namen auf der Speisekarte waren mir fremd. Und da ich am Nachbartisch eine Suppe sah, habe ich danach gefragt. Ich bin ja ein Liebhaber jeglicher Suppen. Es war kein Fehler, ich bekam meine erste Begova čorba.Diese Suppe ist ein alten Favorit, der wahrscheinlich auf keiner Speisekarte in Sarajevo fehlt. Letztendlich ist es eine Hühnersuppe mit Mehlschwitze, die durch die Zugabe der ungewöhnlichen Okra einen eigenen Charakter bekommt. 

Die „Begova čorba“ kam zusammen mit dem Osmanischen Reich nach Bosnien und gehört zu den Nationalgerichten. Serviert wird sie als Vorspeise. Da ihre Konsistenz eher einem Eintopf ähnelt, kann sie auch als Hauptgericht durchgehen. Die Hauptzutaten sind Hühnerfleisch, Gemüse und vor allem Okraschoten.

Das gesamte Gericht wird durch die Zugabe von ein paar Tropfen Zitrone (oder mehr, wenn man es mag) verwandelt, wodurch der Geschmack eine gewisse Leichtigkeit erhält. Zitrone ist das perfekte Gegenmittel gegen das Verdicken und verhindert so, dass das Gericht zu einer gewöhnlichen Hühnersuppe wird. Tatsächlich ist diese Suppe anders und eine Klasse für sich. Wer gerne Hausmannskost bevorzugt, kann auch durch  die Zugabe von etwas mehr Sauerrahm diesen Geschmack verstärken.


Begova čorba

Zutaten:

250 g frische Okraschoten (oder 1 Schnur getrockneter Okraschoten)
Saft einer halben Zitrone
2 l Wasser
1 Suppenhuhn
2 Karotten (mittelgroß, gewürfelt)
1 Sellerieknolle
1 Teelöffel Salz
Pfeffer nach Geschmack
1 Lorbeerblatt
60 g Butter
2 – 3 Esslöffel Mehl
1 Eigelb
1 Esslöffel Sauerrahm
1 – 2 Esslöffel Petersilie

Zubereitung

  1. Okra würfeln (oder von der Schnur nehmen) und in einen Topf geben, mit einem halben Liter Wasser bedecken, Zitronensaft hinzufügen und zum Kochen bringen. 50 Minuten auf niedriger Stufe kochen. Bei Bedarf mehr Wasser hinzu geben. Vom Herd nehmen und abtropfen lassen.
  2. Huhn, Karotten, Sellerie, Salz, Pfeffer und Lorbeerblatt in einen großen Topf geben. 2 Liter Wasser zugießen und es auf hoher Stufe zum Kochen bringen. Dann die  Temperatur herunterdrehen und eine weitere Stunde weiter kochen lassen.
  3. Das Huhn herausnehmen, die Haut abziehen und das Fleisch würfeln. Das Fleisch zurück in den Topf geben und die Okra hinzu geben. Zum Kochen bringen und 10 Minuten kochen lassen.
  4. Öl in einer kleineren Pfanne erhitzen und das Mehl hinzufügen. Kräftig umrühren, bis eine glatte, leichte Mehlschwitze entsteht. Vom Herd nehmen und zur Suppe geben.
  5. Eigelb und Sauerrahm mischen, bis alles vermischt ist. Zur Suppe geben und umrühren. Noch einmal aufkochen und 5 Minuten köcheln lassen. Mit Petersilie bestreuen.
  6. Mit Sauerrahm servieren.

Restaurantempfehlung:

Besame Mucho – Čurčiluk mali 27 – Sarajevo 71000

Der Name mag in Sarajevo verwirren, aber es ist ein Geheimtipp in der Altstadt. Es wird noch nicht lange von sehr netten Leuten geführt. Es ist etwas anders und nicht nur auf Tourismus getrimmt. Man sitzt sehr angenehm und die Küche ist gut, abgesehen davon, dass sich die Köchin ständig selber lobt. Ich bin öfters hingegangen und kann es auch für einen Teller Begova čorba empfehlen.

Besame Mucho
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