über mich

Es ist kein Zwang, sondern Erweiterung der Selbstverwirklichung,
wenn wir Speisen am Herd in kochenden Töpfen und heißen Pfannen zubereiten
und sie in einem anderen Zustand verzehren.

Könnten wir auf die Idee kommen, wieder mit den Fingern zu essen,
auf Messer, Löffel und Gabel zu verzichten?
Dann würden wir nur von dem leben,
was man mit der Hand essen kann.

Die Kochkunst ginge verloren und mit ihr etwas,
was die Menschen von Tieren unterscheidet.
Menschlichkeit bedeutet, aus eigenem Antrieb kreativ zu sein, eigene Ziele zu setzen.

Jedes Essen, dass wir zubereiten, ist der Versuch, etwas Bestes herzustellen.
Entweder ein Gericht, das so gut schmeckt wie bei Großmutter oder gar ein Neues.

Manches Essen ist eine Liebeserklärung.

alte leve

Die Küche meiner Kindheit war geprägt von den deftigen Gerichten des Münsterlandes und des Ruhrgebiets. Sie war herzhaft und ehrlich, liebte keine Umwege und es fehlte ihr an raffinierten Feinheiten. Und doch hatte jede Köchin ihre  Geheimnisse, es gab die kleinen Besonderheiten. Beim Nachbarn schmeckte es immer besser als daheim.

Im Frühjahr gab es Heggengemös, Knisterfinken und später dann die Dicke Bohnen. Am Nachmittag buk die Großmutter manchmal Püfferkens und zu Fastenzeit Struwen. Stemmelkort, Möppkenbrot und Schlodderkappes – das sind alles Gerichte, die mir heute noch das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen.

Manchmal gingen wir ins Gasthaus zu Mutter Stuff oder zum letzten Wolf – und wenn wir in Münster waren natürlich zum Pinkus. Auch hier gab es die gleiche heimische Küche und in den gemütlichen Gaststuben standen so sinnige Sprüche wie: „Friätt di satt und sup di dick un haoll de Mul von Politik“ am Balkenwerk der Decke. Ja diese schlichten, bescheidenen Gasthäuser mit verbindlichen Wirten. Auf richtigen Binsenhockern kann man da sitzen, vor richtigen Tresen, die Arme aufgestützt, mit Bauern in einer Reihe – und Gott, das Wetter und die Schützenfeste geben immer Gesprächsstoff genug. Manche Gasthäuser nannten einen Biergarten ihr Eigen, wo ein buntgemischtes Völkchen sitzt. Frisches Bier fließt in Strömen, auch rinnt der unnachahmliche milde Korn des Münsterlandes, 32 erträgliche und bekömmliche Prozente stark. Es riecht nach Heu und Getreide, nach Grün und mitunter fällt einer mit seinem Stuhl hintüber in eine weiche Hecke.

Und hier findet der Gast auch noch solch eine Spezialität wie das „Töttchen“. Zunächst probiert er es skeptisch, später begeistert und hat damit unzweifelhaft das berühmteste Gericht des Münsterlandes kennengelernt. Nach altem Rezept wurde es aus Kalbskopf und diversen Innereien zubereitet, heute ist meist nur bestes Kalbfleisch die Grundlage.

Töttchen und Wurstebrot, Große Bohnen mit Speck, Grünkohl mit Mettwurst, Stilmus mit Pfannekuchen , Wurstebrot und Pumpernickel: eine deftige, eine kräftige, eine prächtige Küche. Und hin und wieder finden sich noch Wirte, die diese Herrlichkeiten zubereiten.

Inzwischen hat auch im Münsterland und im Ruhrgebiet eine neue Küche Einzug gehalten, hat diese Gerichte verfeinert und zu neuem Leben erweckt. Hat mit den gleichen Zutaten Neues erschaffen und dabei nie ihre Wurzeln vergessen.

Darum wird es in diesem Blog nur manchmal um die Küche meiner Kindheit gehen. Ich werde meine Kochexperimente vorstellen und über Küchengeschichten sinnieren. Aber eines ist mir geblieben, dass man Essen mit Leib und Seele genießen muss. Und darum halte ich mich an ein altes Wort, das an Pinkus‘ Balkendecke steht:

Dat man dat Drinken nicht to bieten bruk,
Dat is doch mähr äs prächtig.
Ick faoll de Hände üövern Buk
Un priese Gott andächtig.

9 Antworten zu über mich

  1. Carmen sagt:

    Hallo Töttchen, nachdem ich Deinen Blog nun über die blöde Knifte mit gebratenem Mayonaise-Kartoffelsalat entdeckt habe – man sieht alles , alles kann doch noch für etwas gut sein – habe ich gleich einmal eine Frage. Hast Du ein Rezept für die Püfferkens Deiner Großmutter? Meine Omi ist leider 2007 verstorben und an die Püfferkens, die sie ab und zu für mich gemacht hat, habe ich leider erst vor ein paar Wochen wieder gedacht. Und die Rezepte, die ich im Netz gefunden habe, sind anders als ich es in Erinnerung habe, sie heißen auch desöfteren Püfferchen, Ich erinnere mich an Kartoffelreste von Salzkartoffeln vom Mittagessen, an Hefe und an Rosinen. Ich habe es vor 2, 3 Wochen mal nach Gutdünken gemacht, waren auch ganz lecker, aber eben nicht SO.
    Viele Grüße und einen schönen Abend
    Carmen

  2. John Toettcher sagt:

    Hello

    As you can see, my name resembles the name of the dish which is the subject of this site.

    Why?

    John Toettcher

  3. Frederick sagt:

    Liebes Tötchen,

    toller TItel für Deinen Blog und regionale u.a. aus dem Münsterland! Da ich meine Wochenenden dort verbringe, bin ich ganz fasziniert von Deinem Blog. Habe ihn gleich aboniert.

    Lieben Gruß, Frederick von derkochende.wordpress.com

  4. Silvia Werner sagt:

    Hallo Toettchen,
    durch Zufall bin ich bei Ihren Rezepten gelandet und ich bin von Ihrem gesamten Blog begeistert:
    tolle Rezepte, interessante Geschichten und insgesamt sehr ansprechend gemacht. Ich bin zwar aus Rheinland-Pfalz, genauer gesagt aus der Mitte Rheinhessens, und auch wir haben eine alte, deftige Küche.
    Bei Ihnen findet man für jeden Geschmack und Gaumen etwas und mir als leidenschaftliche Köchin macht es stets viel Spaß, auch mal etwas aus einer anderen Region oder anderem Land nachzukochen, zumal, wenn die Rezepte so verständlich geschrieben sind. Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Spaß und viel Erfolg.

  5. Susanne Tholen sagt:

    Hallo Töttchen,
    ich freue mich, zufällig auf diese Seite gestoßen zu sein. Ich bin im Ruhrpott (Dortmund) aufgewachsen und wohne seit 25 Jahren im Münsterland. Die leckeren Gerichte wie Möppkenbrot, Panhas und Töttchen kenne ich – und vermisse sie, denn so etwas kann man kaum noch in der ursprünglichen Form bekommen. Daher werde ich hier mal ein wenig stöbern und sehen, was sich so an Rezepten oder Tipps findet.
    Herzlichen Dank für die Veröffentlichung und alles Gute
    Susanne

  6. Wolf Bruns sagt:

    Weiß vielleicht jemand, ob es irgendwo noch das echte Töttchen aus Kalbs- oder Rinderkopf und Innereien gibt? Das war so viel besser als die neuzeitlichen „Ragout-Varianten“. Das einzige, das ich gefunden habe und das dem ursprünglichen Geschmack nahekommt, gibt es in Kleinen Kiepenkerl. Vor 60 Jahren ging es als Schüler mittags zur Metzgerei Hülsmann am Spiekerhof. Da gab es abwechselnd Bohnensuppe oder Töttchen. Bis heute würde ich behaupten, dass es nur wenig Leckereres gibt.

  7. admin sagt:

    Vor vier Jahren war ich mit einer schweizer Bekannten im „Alten Gasthaus Leve“ und dort wurde das Originaltoettchen mit Innereien serviert.

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