Ich gestehe, dass ich ein Suppennarr bin. Wenn möglich, mag ich vor dem Essen eine Suppe. Ganz vorne steht eine klare Rindssuppe. Die vornehme Schwester von ihr heißt dann Cosommé. Als ich Kind war, war das Fehlen einer Sonntagssuppe undenkbar. Diese wurde immer aus Rindfleisch, Knochen, Wurzelwerk und einem Huhn gekocht. Drinnen schwammen kleine Fitzelchen Petersilie, Würfel vom Eierstich und Markklößchen. Der Eierstich hatte kleine braune Punkte: Muskat. Ich liebte Muskat und meine Großmutter nahm immer etwas zu viel davon.
Das Fleisch vom Huhn wanderte in Salate oder jemand aß es in der Küche auf. Es gibt unbeherrschte Köchinnen. Meine Großmutter gehörte dazu, sie war immer für ein einbeiniges Brathuhn gut, denn es musste ja vorgekostet werden. Das Rindfleisch hingegen wurde aufgeschnitten und nach der Suppe im gleichen Suppenteller serviert. Dafür ließ man ein oder zwei Löffel Suppenrest zurück. Denn über das Rindfleisch kam traditionsgemäß eine weiße, säuerliche Zwiebelsauce. Diese entwickelt ihren wirklichen Geschmack erst in Verbindung mit dem Suppenrest. So handelt es sich hier nicht um zwei Gerichte, sondern in Wahrheit gehören sie zusammen wie Butter und Brot oder wie man in der Schweiz vielleicht sagen würde: Ostereier und Aromat.
Diese Kombination ist vielleicht sogar das traditionsreichste Gericht in allen westfälischen Landschaften. Noch heute findet man sie auf den meisten Speisekarten von guten Landgasthöfen.
Gegessen wurde diese Suppe sowie das Rindfleisch, schon in mundgroße Stücke geschnitten, mit großen Löffeln, so wie man sie heute nicht mehr kennt. Die stammten aus einem alten Silbersteck, dass bereits die Urgroßeltern benutzt hatten. Inzwischen besitze ich dieses Besteck und nutze es bei besonderen Anlässen. Heute nehme ich es auch des öfteren. Mein Lieblingslöffel aber stammte aus der Ausstattung meiner Großmutter. Und damit nehme ich am Blogevent “Lieblingslöffelessen” von Petra (Obers trifft Sahne) teil, weil ich heute öfters davon esse; er ist nicht so riesig.
Rindssuppe
Zutaten:
1 kg Rindfleisch (Brustkern)
1 dicke Gemüsezwiebel mit Schale
Suppengemüse (Lauch, Sellerie, Möhre)
etwas Liebstöckel
1 Lorbeerblatt und 2 zwei Nelken
Petersilie zum Bestreuen der Suppe
Salz
Zubereitung:
Die Zwiebel wurde durchgeschnitten und in einer heißen Pfanne auf der Schnittfläche angeröstet. Das gibt der Suppe eine schöne Farbe, sagte die Urgroßmutter. Dann kamen ein Lorbeerblatt und zwei Nelken in einen Suppentopf, dazu die Zwiebelhälften und das Wurzelgemüse, Stängel von der Petersilie und Liebstöckel. Das Rindfleisch und Suppenknochen wurden zugefügt und mit Wasser aufgegossen. Die Suppe köchelte auf kleiner Hitze ca. 2 1/2 Stunde und wurde dann sofort serviert. Darum wurde sie auch “frische Suppe” genannt. Zum schluß mit Petersilie bestreuen.
Markklößchen:
Ochsenmark
Gries
Ei
Salz und Muskat
Zubereitung
Das Ochsenmark in kleine Würfel schneiden, in einer kleinen Pfanne auslassen und Grieß dazugeben. Gut unterrühren. Mit Salz und Muskat würzen. Jetzt kommt das Ei – oder die Eier (die Menge bestimmt sich nach der Menge des Ochsenmarks und ist variabel) – dazu. Gut unterrühren. Die Masse löst sich wie ein Brandteig vom Topfboden. Beiseite stellen und auskühlen lassen. Ca. 7 Minuten vor dem Servieren kleine Bällchen mit einem Pariser Löffel wegnehmen und in der Suppe gar ziehen lassen.
Eierstich:
2 Eier
1/8 l Milch
Salz
1 Prise geriebene Muskatnuss
Fett für die Form
Zubereitung
Für den Eierstich Eier, Milch, Salz und Muskat mit einem Schneebesen in einer Schüssel verrühren. Diese Eiermilch bis zu 2/3 hoch in 2 gefettete Form gießen. Die Form mit Alufolie gut verschließen. Die Form in ein heißes Wasserbad im Backofen stellen und zugedeckt bei schwacher Hitze 30-35 Minuten stocken lassen. Eierstich stürzen und in Würfel schneiden.
Zwiebelsoße:
Zutaten
500 g Gemüsezwiebeln
500 ml Brühe von der selbigen Suppe
Butter zum Andünsten
Mehl zum Andicken
Essig
Salz
Zucker
Senf
Worcestersauce
Zubereitung
Die Zwiebel in feine Scheiben schneiden und in der heißen Butter anziehen lassen. Mit Mehl bestäuben und mit Brühe auffüllen. Die Zwiebeln garen lassen.
Jetzt mit etwas Essig (Zitrone geht auch), Salz, Zucker und Senf abschmecken. Das Rindfleisch in mundgerechte Stücke schneiden, die Sauce darüber geben und mit Worcestersauce nach persönlichem Geschmack nachwürzen.
Ich nehme dann bitte vom ersten Teller, von dieser wunderbar klaren Suppe. Perfekt gelungen, dafür ist bei uns Monsieur zuständig. Hast du bei mir gesehen? Er macht auch Markklöschen, allerdings nicht mit Gries sondern mit selbstgemachtem Paniermehl.
http://bonjouralsace.blogspot.fr/2012/03/gerhards-hausgemachte-rindfleischsuppe.html
Die Methode mit Paniermehl lernte ich erst viel später kennen. Dann sind die Klößchen schön locker.
Jetzt ist die Suppe noch “frisch”, Du musst für Deinen Teller schon kommen.
Da läuft mir das Wasser im Munde zusammen. Zwei hervorragende Suppen die sofort den Genießer erkennen lassen. In der Zubereitung 1a handwerkliche Kochkunst……ein Meisterkoch hätte es nicht besser machen können!
Paul, jetzt übertreib mal nicht. Du kommst Doch vom Niederrhein, nicht weit entfernt vom Münsterland. Da liegt einem das Suppenkochen doch fast im Blut.
Das erinnert mich total an Sonntagessen in meiner Kindheit. Zuerst gab es immer Rindfleischsuppe mit kleinen Muschelnudeln, die sich so herrlich an Lippe und Zunge festsaugten. Und aus demselben Teller dann das aufgeschnittene Rindfleisch mit Meerrettichsauce… einfach nur lecker. Deine Variante macht sofort Appetit, danke für’s Erinnern.
Liebe Grüße vom Niederrhein
Tanni
Vom Niederrhein – das ist ja nicht weit ins Münsterland, direkte Nachbarn. Da ist es nicht verwunderlich, wenn auch ihr solch ein Sonntagsessen hattet. Es ist interessant, dass es bei Euch eine Merrettichsauce war. Ja, das ist einfach nur lecker.
Liebe Grüße vom Bodensee
Toettchen
Da möchte ich mich wirklich gleich hinsetzen, und nicht unbescheiden nähme ich die Teller vom ersten und vom letzten Bild, vermutlich mehrmals, falls es übrig hätte. Die Suppe war auch in meiner Kindheit obligatorisch, und wenn ich sie nicht essen wollte, mahnte mich Mutter an den Suppenkasper, wie er am Ende nur noch ein Streichholzbub war und dann gar nicht mehr. Modern ist heute, die Kinder essen zu lassen, was sie möchten, aber vermutlich werden wir mit unserer Emma eher die Variante “einen Löffel für die Oma, etc.” durchziehen.
Die Thai Küche ist reich an Suppen, nur haben sie verschiedene Namen, englisch als Curry bezeichnet, es sind aber Suppen. Wir haben sehr ähnliche Suppen, Tofu statt Eierstich und Lukchin statt Markklösschen. Vielleicht sollte ich mit einer guten Suppe, äh, einem Curry, am Löffelevent teilnehmen.
Zum Pariserlöffel, resp. Kugelausstecher, der für mich vorher keinen Namen hatte,
hier der Wiki-Link . Also, jetzt weiss ich es, der name kommt von pommes parisiennes und so.
Ich teile in Bezug auf die Suppe und Kinder ganz und gar Deine Meinung. Als meine älter wurden, koche ich Suppe immer in übergroßen Mengen. Das waren aber Gemüsesuppen, denn mein Sohn Flo war und ist Vegetarier. In dem Alter, wenn sie ständig essen konnten, verschwand die Restsuppe während der Nacht. Gelernt hatte er es auch mit einem Löffelchen für die …
Hier bieten ja alle möglichen Asia Imbissstationen Thaisuppen an. Ich bin da immer skeptisch, denn die Betreiber sind Vietnamesen. Ich mag gerne vietnamesisches Essen,schätze aber die sogenannte asiatische Speisekarte nicht. Es ist wirklich ein nur ein Europaverschnitt. Jetzt bietet aber einer authentische vietnamesische Suppen an: Hở Bò, Phở Gà, Mì Vịt, Bánh Canh, Bún Bò und Hủ Tίu. Die sind wirklich gut.
Über den Namen des Pariserlöffel hatte ich mir auch nie vorher Gedanken gemacht. Danke für den Hinweis. Ich schätze solche Kommentare, wie Deine, die meinen Text ergänzen.
Du kennst Dich ja fantastisch aus in der cuisine vietamienne, wobei ich sicher keine Referenz bin, da weiss schnell mal jemand mehr, ich kenne auswendig nur Phở, obwohl ich mehrmals dort war.
Ich kenne mich leider kaum aus, ich esse das nur, und weiß auch beim Bestellen, was in die Schüssel oder auf den Teller kommt.
Hungerhungerhunger!!!! Ich hätte wirklich soooooo gern jetzt einen Teller, seufz, muss mich wohl aber mit einer Scheibe Brot und einem Stück Kuchen zufrieden geben. Danke für das Eierstich-Rezept! Diese Suppe werde ich ganz sicher bald kochen.
Liebe Grüße,
Eva
Für ein Stück von Deinem Kuchen würde ich Dir einen ganzen Kessel dieser Suppe geben.
Liebe Grüße Toettchen
Suppe sehr schön, Löffel sehr schön, Teller noch schöner. Ich hätte fast gesagt….Eins…setzen :) Danke für Deinen Beitrag.
Danke für das Kompliment. Ich beobachte Deinen Blog, der mir sehr gut gefällt, seit einiger Zeit.
Du hattest mir meine Suppenteller entwendet? Hab ich gar nicht bemerkt. Bei Gelegenheit bring sie mir bitte zurück – aber unbedingt jeweils bis zum Rand gefüllt mit diesen beiden supercalifragilisticexpialigetisch köstlichen Lebenselixieren!
Nix da, das sind meine Teller! Ich zähl jetzt aber mal meine nach, was weiß ich, wie die zu Verfürths kommen?