Es ist Fastenzeit. Bewusst habe ich in dieser Zeit sehr wenig Fleisch gegessen. So ganz ohne ging es nicht. In meiner Kindheit war das noch anders. Es gab kein Fleisch, keine Wurst oder Schinken. Das galt auch im restlichen Jahr an Freitagen. Nun gut, im restlichen Jahr hat man es nicht immer so streng genommen, denn mit den Speckstreifen im Buchweizenpfannkuchen, versuchte man den lieben Gott zu überlisten. Es galt ohnehin die Regel: Freitags gibt es Fisch. Mal gebraten, ein anders mal gekocht mit diversen Saucen und immer mit Salat.
In der Fastenzeit gab es auch Fisch, aber die Saucen wurden dünner und die Menge auf dem Teller weniger. Am Karfreitag dann wurde ganz gefastet. Umso opulenter wurde dann das Osteressen – zu dem wir aber später kommen.
In dieser Zeit gab es ein ganz besonderes Gericht, einen Vitaminstoß nach dem Winter: Heggengemös!
Auch für den nicht Plattdeutsch Sprechenden erschließt sich sofort der Sinn des Wortes: Heckengemüse. Als jetzt am Bodensee die ersten warmen Tage waren und an sonnigen Plätzchen sich die ersten Blüten öffneten, war die Zeit für diese Suppe.
Aber eines noch vorab. Ich habe gegoogelt, wer so alles über Heggengemös schreibt und war dann doch einigermaßen erschrocken. Dafür, dass dies ein regional sehr begrenzter Begriff ist, gab es enorm viele Einträge. Das Eigenartige aber war, dass jedes Rezept dem anderen aufs Gramm genau so ähnelte, dass das nicht sein konnte. Und vor allem hatten alle die gleich Fleischeinlage – und das während der Fastenzeit im streng katholischen Münsterland.
Ich kann keine Mengenangaben machen, weil sich die aus dem ergeben, was ich im Garten und an „Hecken“ finde. Bei uns ging die Großmutter in Garten und Felder und suchte bei den inzwischen vom Schnee befreiten im Herbst stehengebliebenen Gemüsepflanzen junge Triebe. Das war in der Regel überwinterter Grünkohl, Lauch, Spinat, eventuell das Grün einer vergessenen Zwiebel und Kräuter. Ja alles was grünte und bei den ersten Sonnenstrahlen wiederauschlug kam in den Korb. Und dann ging es entlang den Hecken, die die Felder unterteilten oder am Waldrand standen. Im Sommer waren sie uns Kindern ein beliebtes Versteck. Aber jetzt waren sie noch ohne Grün und nackt und durchsichtig.
Hier in Wind geschützten Ecken fand man die ersten jungen Löwenzahnblättchen, Sauerampfer, junge Brennnesseln. Von den Büschen nahm sie etliche aufgesprungene Knospen vom Weißdorn und Holunder. Wenn es nicht reichte, kamen auch die Sprossen an den Beerensträuchern im Garten dazu. Das aber weniger, denn diese Sträucher wollte man ja später abernten.
Nun wurde eine Suppe gekocht. Kartoffeln in kleine Würfel schneiden und mit grob gewürfelten Zwiebeln in eine Mischung aus Öl und Butter anbraten. Dazu kam alles, was gerade in der Küche an Gemüse vorrätig war. Ganz sicher waren immer eine Möhre und etwas Sellerie dabei. Mit heißem Wasser aufgießen und 15 Minuten köcheln lassen. Kurz vor dem Servieren gibt man dann das „junge Gemüse“ gut gewaschen und geputzt dazu. Es braucht nur noch wenige Minuten, denn es sollte ja nicht verkochen, sondern nach einem langen Winter eine besondere Vitamingabe sein.
Man muss es natürlich nach eigenem Geschmack würzen. Ich nehme dazu nur Salz und Pfeffer, kann mir aber vorstellen, dass auch andere Gewürze gut passen.
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Es gibt nichts schöneres, als im Frühling durch Wald und Wiesen zu streifen und das erste Grün zu sammeln. Ich bin nach einem langen Winter jeweils richtig auf Grünfutter-Entzug. In einem vorherigen Leben war ich wahrscheinlich eine Kuh oder eine Ziege ;-)
Du hast es gut, bei dir ist das Klima milder als bei uns – da ist noch gar nix mit Löwenzahn. Aber wenn er dann rauskommt ;-) …