Gerichte mit Geschichten 7 – Tauben in Olivenöl mit eingelegten Zitronen und marinierten Oliven

„Die Sehnsucht der Schwalbe“ von Rafik Shamir

rafik_shamirEin Roman der aus einzelnen Geschichten besteht. Während einer siebentägigen Hochzeitsfeier in einem syrischen Dorf ziehen sich zwei Neunzehnjährige immer wieder zurück, damit der eine dem anderen von seiner Jugend in Damaskus erzählen kann und vor allem von den letzten drei Jahren, in denen er sich fast ausschließlich in Deutschland aufhielt, obwohl er viermal abgeschoben wurde.

Du solltest jedem misstrauen, der Dich, mit welchem Hintergedanken auch immer, davon überzeugen will, dass die Menschen gleich sind. Nicht einmal bei der Kacke einer Taube reagieren die Menschen gleich, sagte er. Ich musste lachen.
Er ernährte sich nur von Tauben. und selbst in einer Diskussion über Erziehung , brachte er als Beispiel Tauben, die lernen, wenn sie bei jeder richtigen Antwort mit einem Korn belohnt werden.
Sein Misstrauen gegenüber dem Frieden führte er auf die Wahl der Taube als Friedenssymbol zurück. Weil die Taube alles andere als friedlich sei. Und nun musste ihm selbst die Kacke der Taube als Beweis für die Ungleichheit der Kulturen dienen.
„Nehmt einmal an“, rief er den Versammelten wie ein Prediger zu, „eine Taube bombardiert beim Vorüberfliegen mit ihrer Kacke die Schulter eines Passanten. Hach, das tun diese Viecher tausend Mal am Tag. Was meint ihr, wie die Menschen reagieren?“
Ich wusste keine Antwort. Auch die anderen schauten einander verlegen an. Abdallah ließ nicht locker.
„Ein ungläubiger Araber“, fuhr er fort, „verflucht sein Unglück und alle Tauben. Ein gläubiger Araber lobt die Weisheit Gottes, weil er den Kühen keine Flügel gab. Taubendrück bringt Glück reimt ein Türke. Ein Engländer fragt seine Frau, „Oh my love, ist das wirklich eine Taube oder eine Nachtigall?“. Ein Deutscher“, Abdallah musste eine Pause einlegen, weil die Leute so laut lachten, dass man ihn nicht mehr verstehen konnte.“ Ein Deutscher ruft bekümmert, „Elfriede ist mein Anzug versichert?“ Ein Ägypter schwärmt: „Tauben in Knoblauch und Olivenöl a la Huak, uhaa!“ Ein Syrer schaut die Kacke an und sagt: „So viel? Lass uns handeln!“ Ein Russe ruft entsetzt. „Das ist eine amerikanische Luft-Bodenrakete. Andrej gib mir einen Wodka.“ Ein Spanier rennt wie ein Verrückter davon, um seine Pistole zu holen und wenn er zurückkommt, ist die Taube weg. Aber, der Spanier schießt in die Luft und brüllt dabei „Caramba“. Ein Italiener verflucht den Himmel. “ Mama mia, pizza a la kacka auf dem Sonntagsanzug.“ Ein Amerikaner ruft: „Oh shit!“ und bombardiert das ganze Viertel. Aber die Taube trifft er trotzdem nicht.
Abdallah lachte und die Versammelte, inzwischen über dreißig Leute spendeten herzlich Beifall.

Rafik Schami geht es in „Die Sehnsucht der Schwalbe“ um die Würde des Menschen, um Toleranz und Völkerverständigung, Fürsorge und Geborgenheit, Liebe und Freundschaft.
Rafik Schami wurde 1946 in Damaskus geboren. 1971 kam er nach Deutschland, studierte Chemie und legte 1979 seine Promotion ab. Heute lebt er in Marnheim (Pfalz). Er zählt zu den bedeutendsten Autoren deutscher Sprache. Sein Werk wurde in 28 Sprachen übersetzt. Für sein Gesamtwerk wurde er mit dem Preis „Gegen das Vergessen. Für Demokratie ausgezeichnet.“ Zu den momentanen Vorgängen in seiner Heimat hat er ein Statement abgegeben, das hier verlinkt ist.
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Tauben in Olivenöl mit eingelegten Zitronen und marinierten Oliven
Zutaten
pro Person eine Taube
Rotwein
Portwein
gemahlenes Piment
Salz & Pfeffer
Knoblauch
schwarze Oliven
Zitronen (eingelegt)
Rosmarin
Thymian
Kartoffeln

Zubereitung
Die Tauben zerlegen, d.h. Brust und Keulen trennen. Die Brust am Brustknochen belassen. Kühl stellen, denn der Jus aus den Karkassen braucht etwas Zeit.
Dafür die Taubenkarkassen in kleine Stücke hacken und in Olivenöl anrösten. Das Wurzelgemüse zugeben und mitrösten. Mit Rotwein und Portwein ablöschen und etwas einreduzieren. Mit Wasser aufgießen und 4 Stunden bei niedriger Hitze köcheln lassen. Den Jus durch ein Sieb passieren, mit Salz und Pfeffer abschmecken. In den fertig passierten Jus Piment (Menge je nach Geschmack) einrühren.
taube_04taube_03Inzwischen die Keulen in Olivenöl bei ca. 80 °C 2 Stunden confieren.
Anschließend die Brüste mit Salz und Pfeffer würzen, in Olivenöl mit grob gehacktem Knoblauch leicht anbraten und bei 175 °C im Backofen ca. 10 Minuten garen, anschließend 10 Minuten ruhen lassen. Danach die Brüste von der Karkasse lösen und anrichten.
Jetzt die fertig konfierten Keulen in Olivenöl knusprig braten.
Die eingelegten Zitronen vierteln und alle Kerne entfernen.
Die entkernten Oliven mit Olivenöl, Rosmarin und geriebener Zitronenschale marinieren.
Kleine Kartoffeln in Kochwasser nicht ganz garen und mit etwas Butter und Thymian in der Pfanne bissfest garen.
Die gebratenen Taubenbrüste aufschneiden und anrichten. Die konfierten und angebratenen Taubenkeulen dazu legen. Zitronenviertel, Kartoffeln und Oliven dazugeben. Den Gewürzjus darüber träufeln.

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12 Antworten zu Gerichte mit Geschichten 7 – Tauben in Olivenöl mit eingelegten Zitronen und marinierten Oliven

  1. Paul Riesig sagt:

    Ohooo….meine Hochachtung für dieses Gericht und die Kochkunst.

  2. Eva sagt:

    Danke für diese wunderbare Geschichte, Toettchen. Ich habe sie soeben meiner Familie vorgelesen und wir haben schallend gelacht. Und von der confierten Keule hätte ich wirklich sehr gern gekostet! Eine wunderschönen Restsonntag wünscht:
    Eva :-)

  3. Ich mag doch keine Tauben – warum tropft dann mein Zahn soooo heftig?

    War das eine Gemeinschaftsproduktion von dir und dem Turtel-Täubchenhuhn? Es schaut genial aus und wenn ich nicht wüsste, dass es Taube ist, würde ich sooofooort zugreifen ;-)
    Mein Kompliment – auch für die schönen Fotos!

  4. Mir fallen die Augen raus bei deinem Jus! Dieser Glanz ist ein Hammer!
    Und danke an die Erinnerung an Rafik Schami, ein wunderbarer Erzähler, von dem ich schon viel zu lange nichts mehr gelesen habe.

  5. Barbara sagt:

    Ich mag Gerichte mit solchen Geschichten, danke dafür! Gut kochen und essen hat auch so viel mit Kultur zu tun, und mit interkulturellen Unterschieden. Derzeit komme ich viel zu wenig zum Lesen, da sind solche Happen perfekt, als Anregung, zum Nachdenken.

    Die Taube würde mir auch gefallen. Das Nachkochen scheitert schon daran, dass ich nicht wüsste, wie man sie zerlegt…

    • admin sagt:

      @ Paul Riesig – Danke für das Kompliment
      @ Eva – Nicht wahr, die Geschichte ist herzerfrischend.
      @ Bonjour Alsace – Wenn Du keine Taube magst, der Jus mit den Beilagen hätte Dir sicherlich gefallen. Gegrilltes mediterranes Gemüse mit einem Hirse-Linsen-Risotto. Danke für das Kompliment.
      @ Turbohausfrau – doch, es kam auf den Fotos mal so rüber, wie geplant. Ich liebe Rafik Shamirs Geschichten auch.
      @ Barbara – Das Zerlegen von Geflügel ist nur beim ersten Mal schwer. Ich habe als Kind oft zugeschaut und dann ging es wie alleine.

  6. Erich sagt:

    Lieber eine Taube im Teller als …., wie hiess es schon wieder? Hier in Thailand gibt es übrigens die gleichen Spatzen wie in Europa, sonst sah ich keine anderen gleichen Vögel, ausser schräge. Die Fliegen sehen auch genau gleich aus. Vermutlich kamen beide auf Schiffen hierher.

    Taubenähnlich Vögel, auch Singvögel und kleine Eulen, werden hier lebend verkauft, nicht zum Verzehr, sondern für Glück und Seelenheil, man soll sie kaufen und fliegen lassen.

    Von Dir auf hohem Niveau zubereitet würde ich gerne Taube essen.

    It goes without saying, aber ich sag es trotzdem: Schön, die Geschichte als Einleitung zum Menu.

    • admin sagt:

      Mir gefällt der Gedanke, Vögel zu kaufen und ihnen die Freiheit zu schenken. Das erinnert mich an eine kurze Geschichte von Peter Altenberg, in der ein kleines Mädchen Luftballons gekauft bekommt und sie auslässt. Sie erlebt die Freiheit durch das „Auslassen“. Eines Tages schenkt sie einen ihrer Ballons einem armen Mädchen, dass so einen Ballon nie besitzen würde. Das Kind behält den Ballon und erlebt, wie er langsam zu Grunde geht, als er das Gas verliert. Die Freiheit erlebt es nicht.
      Spatzen scheinen wohl überall auf der Welt zu sein. Als Kind kannte ich ein Spatzengedicht von James Krüss. Leider habe ich es vergessen, aber es beschrieb die Spatzen dieser Welt in den jeweiligen Ländern. Später las ich dann mit meinen eigenen Kindern das Gedicht Vom Spatz im Kirschbaum: „Auf dem Kirschbaum schmiroschmatzki, saß ein Spatz mit seinem Schatzki. Spuckt die Kerne klippokleinei, auf die Wäsche an der Leini ….“
      So wie die Taube international ist, ist es der Spatz wohl auch.
      Ich wünsche Dir einen schönen Wochenanfang.
      Toettchen

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