In Österreich und in den alten Ländern des K&K Reiches begegneten mir immer wieder Gerichte, wie ich sie aus Deutschland nicht kannte. Eines davon ist das „Wiener Reisfleisch“ in seinen verschiedensten Variationen und unter allerlei Namen. Der Gedanke, Reis und Fleisch zusammen zu kochen, wird vom Balkan bis in den tiefen Osten hinein überall unterschiedlich realisiert. Ob es Pilaf, Djuvec oder Risotto heißt, es wurde in den unterschiedlichsten Regionen zu einer Spezialität.
Aber hier geht es nicht um ein trockenes Pilaf, das große Reisgericht des Ostens, oder Djuvec, der Schmortopf des Balkans, der als Nationalgericht in seinen unendlich vielen Variationen zubereitet wird, oder gar um die Eleganz eines cremigen Risottos. Hier geht es um einen Bastard, der von allen anderen Gerichten etwas abbekommen hat. Ein gutes Wiener Reisfleisch kann ein herrliches Wohlfühlessen sein, üppig und weich, im besten Sinn unaufregend und schmeichelnd, ein Teller Welt, die noch in Ordnung ist. Das Reisfleisch, das ich meine, hat sich vom Pörkölt aus Ungarn die Grundwürze genommen und vom norditalienischen Risotto hat es sich den Parmesan geborgt.
Doch während im Risotto selten Fleisch vorkommt und der Pilaf ein mit Fleisch gewürzter Reis ist, überwiegt im Reisfleisch meist der Fleischanteil– eine üppige, gutbürgerliche Fleisch-Obers-Käse-Orgie, mehr Fleischreis als Reisfleisch.
Die allermeisten Reisfleisch-Rezepte sind auf der fleischigen Seite. Aber das war nicht immer so. Rezepte aus schlechten Zeiten geben Fleisch und Reis in einem 1 zu 1 Mengenverhältnis an und in guten Zeiten gab es mehr Fleisch als Reis. Das Extrem findet sich in einem der frühesten Reisfleischrezepte in der “Exquisiten Wiener Küche”, wo es im Gulasch-Kapitel steht und bescheidene 50 g Reis ein Kilo Fleisch würzen.
Die vielleicht grundlegendste Entscheidung, die man treffen muss, ist die Frage: Langkorn- oder Rundkornreis. Ich bevorzuge Rundkornreis aus der Poebene. Die Cremigkeit, die er mitbringt, unterstützt das Gericht und ist daher eindeutig die bessere Entscheidung. Djuvec und Pilaf hingegen dürften ziemlich sicher mit Langkornreis gemacht worden sein. Dann sollte man für ein Reisfleisch ein mageres Stück vom Schwein oder Kalb nehmen. Wie gesagt, es darf nicht zu fett sein. Ich habe mich hier für eine mageren Schweineschulter entschieden. Dazu gehören Zwiebeln, nicht so viel wie im Gulasch, Tomatenmark, Knoblauch, Kümmel (passt zum Schweinernem, ist aber eine Geschmacksfrage), Paprikapulver, Parmesan und Sauerrahm. Alle Gemüsezutaten, wie z.B. Paprika sind fehl am Platz. Anbraten sollte man in einem guten Schweineschmalz, das macht das Reisfleisch molliger. Butterschmalz tut es auch.
Man kann das Fleisch erst angaren und dann den Reis zugeben und alles gemeinsam fertigschmoren. Das ist aber ganz schön schwierig, falls das Fleisch dann noch nicht weich, aber der Reis bereits überkocht ist. Darum zuerst das Fleisch im Zwiebelsud bis kurz vor dem Garpunkt zubereiten, danach den Reis im Saft vorgaren und schließlich alles zusammen vollenden.
Rezept für 4 Personen
2 Zwiebeln, gehackt
Schmalz
3–4 Knoblauchzehen, fein gehackt
2 TL Tomatenmark (nur für die schweinische Version)
1 El edelsüße Paprika
genug Suppe, um das Fleisch großzügig zu bedecken
Parmesan
1 TL Kümmel, sanft gestoßen
600 g Schweinsschulter, würfelig geschnitten
200 g Rundkornreis
gehackter Petersilie und Sauerrahm zum Garnieren
Zubereitung
Die Zwiebel in reichlich Schmalz glasig braten. Einen Löffel Tomatenmark mitrösten, bis er dunkel ist. Erst den Knoblauch, dann eine halbe Minute später den Paprika zugeben, ganz kurz mitrösten und mit guter Suppe ablöschen. Das würfelig geschnittene Fleisch und etwas Kümmel zugeben, wieder zum Köcheln bringen und auf niedriger Hitze sanft schmoren, bis das Fleisch ganz weich ist, etwa 45 Minuten bis eine Stunde.
Den Sud durch ein Sieb abseihen, sodass Zwiebeln und Fleisch im Sieb zurückbleiben und dies für später zur Seite stellen.
Den Reis gut waschen, die passende Menge Flüssigkeit abmessen und darin garen, bis er bissfest und cremig ist. Die Fleisch-Zwiebel-Mischung einrühren und alles gut durchwärmen. Zum Schluss den geriebenen Parmesan unterheben, mit gehackter Petersilie und einem Klecks Sauerrahm garnieren und am besten mit einem grünen Salat sofort servieren.