Manches mal kommen verschiedene Ereignisse zusammen und rufen Erinnerungen wach. Anfang dieser Woche wollte ich mit einem Freund auf die Schnelle wieder einmal eine vietnamesische Suppe „Pho Bo“ essen. Aber unser „Stammvietnamese“ hatte geschlossen, auch er braucht Urlaub, und so standen wir da. Zeit hatten wir eigentlich keine und landete dann in einem Schnellrestaurant. Gulaschsuppe geht immer und sollte auch fast immer genießbar sein. Die Suppe war wirklich gar nicht übel. Das war das zweite Ereignis.
Das erste Ereignis ist jetzt schon einige Wochen her, dafür ist es nachhaltiger. Über Freunde bekam ich ein Buch von der Wiener Schriftstellerin Beatrice Simonsen geschenkt: „Der Himmel bis zur Erde“. Abgesehen von dem Hintergrund dieses Beitrags, kann ich dieses Buch sehr empfehlen. Ich habe es einmal quer und danach gezielt einzelne Erzählungen gelesen. Einige Parallelen zum Selbsterfahrenem taten sich auf. So in der Geschichte „Allerheiligen“. Eine Begebenheit in der Beatrice Simonsen von einer Fahrt nach Ungarn an Allerheiligen erzählt. Und wir, das heißt meine Söhne und ich, waren ebenfalls oft in Ungarn, auch einmal zu Allerheiligen, teilweise an gleichen Orten wie Frau Simonsen. Und auch wir wollten einmal auf unserem Weg unter anderem in das Vogelschutzgebiet bei Hódmezövásárhely.
Zuvor haben wir uns in Kunadacs unsere Unterkunft für die nächste Woche abgeholt. Es war ein echtes Abenteuer, denn wir hatten einen sogenannten Zigeunerwagen mit einem PS davor. Ein liebes Pferd das Turpi hieß. Turpi auf Deutsch heißt Zwerg, doch der Name passte nicht. Da es gegen das Ende der Saison ging, war die Ausstattung des Wagens mehr als dürftig. Man soll nicht klagen, und wir fanden alles Notwendige und einiges mehr, was wir für unsere Abenteuerfahrt brauchten, in einem Landhandel in Lajosmizse. Neben einigem Hausrat erstand ich ein Dreibeinständer mit einem eisernen Kochtopf. In diesem Laden gab es keinen neumodischen Schnickschnack aus Plastik, sondern alles war auf Haltbarkeit gearbeitet. Die Galuskareibe aus den erstandenen Küchenhelfern tut heute noch hervorragende Dienste in meiner Küche.
In unseren Vorstellungen sahen wir uns schon am Abend am offenen Feuer sitzen und im Topf gart eine Gulyásleves – eine Gulaschsuppe. Dann begann es zu regnen. Nichts war mehr romantisch, jedenfalls für mich. Ich saß auf dem Kutschbock. Der Himmel hatte sich geöffnet, und ich war dem strömenden Regen ausgesetzt. Die Buben kuschelten drinnen im Wagen, eingehüllt in Decken und hörten Kriminalgeschichten von Thomas Brezina. Es lag sicher nicht an den spannenden Kriminalgeschichten, sondern es war eher das monotone Geräusch des Trommelns der Regentropfen auf dem Kutschendach, das sie einschlafen ließ. Glücklich erreichten wir die Varga Tanya, wo das Pferd versorgt wurde. An Kochen im Freien war an diesem Abend nicht mehr zu denken. Begrüßt wurden wir mit dem obligatorischen Baráckpalinka und Klängen einer Cigany Gruppierung. Bald saßen wir zufrieden in der Gaststube und aßen heiße Suppe. Ich weiß nicht mehr, ob es eine Bableves oder eine Gulyásleves war. Aber ich weiß sicher, dass es zum Dessert einen Schmandkuchen mit versunkenen Aprikosen gab. Doch dazu ein anderes mal mehr.
Gulasch und ebenso die Gulaschsuppe ist in der ganzen Welt das Synonym für die ungarische Küche. Eine ganze Epoche der ungarischen Geschichte wurde als “Gulaschkommunismus” bekannt. Wobei “das ungarische Gulasch” in Ungarn weitgehend unbekannt ist und eher als Pörkölt auf den Tisch kommt. Bei der Suppe aber stimmt der Name.
Um die ungarische Küche ranken sich ohnehin einige Legenden. So war es nicht die Schärfe des Paprika, das die wilden Krieger, die auf dem Rücken ihrer Pferde Europa durchstreiften, anfeuerte. Paprika kam ebenso wie die Tomate und Kartoffel viel später aus Amerika zu uns.
Für uns folgte im Anschluß an das Essen eine angenehme Nacht in unserem Wohnwagen. In den folgenden Tagen haben wir uns dann auch einmal die „Gulaschsuppe“ gekocht. Dazu hier das Rezept:
Zutaten:
600 g Rindfleisch aus der Wade
2 große Zwiebeln
50 g Schweineschmalz
1/2 TL Kümmel
1 Knoblauchzehe
Paprikapulver (edelsüß)
Salz
1 mittelgroße Möhre
1 mittelgroße Petersilienwurzel
2 Paprikaschoten
1 große Tomate
400 g Kartoffeln
Nudelteig für das Gezupftet
Zubereitung:
Das Fleisch in kleine und die Zwiebeln in ganz feine Würfel schneiden.
Das Schmalz erhitzen, die Zwiebeln glasig dünsten, Kümmel und die zerdrückte Knoblauchzehe unterrühren.
Vom Herd nehmen, Paprikapulver nach Geschmack einrühren und die Fleischwürfel dazu geben. Zugedeckt schmoren lassen, eventuell etwas Wasser angießen.
Wenn das Fleisch halb gar ist, geben wir das gewürfelte Wurzelgemüse, die gewürfelten Kartoffeln, die geteilte Tomate sowie die entkernten und kleingeschnittenen Paprikaschoten dazu. Wenn alles gar ist, zupfen wir vom Nudelteig kleine Bröckchen in die Suppe. Nach 5 Minuten ist die Suppe servierfertig. Abschmecken nicht vergessen!
Ganz zum Schluß noch ein literarischer Tipp. Wer mehr über das Leben in Ungarn in einer vergangenen Epoche wissen möchte, sollte das Buch: Puszta von Gyula Illyes lesen. Gyula Illyes erzählt in seiner literarischen Reportage vom Leben der ärmsten Teile der bäuerlichen Bevölkerung. Es werden das Familienleben, die Erziehung der Kinder, die Ernährungsgewohnheiten, ja die gesamte Kultur akribisch geschildert sowie das, was der Autor unter der “Seele dere Landschaft” versteht.