Kaffee ist in Bosnien eng mit Freundschaft und Nähe verbunden. Getrunken wird Kaffee den ganzen Tag. Er ist nicht nur ein Getränk, sondern ein Ritual. Je nach Tageszeit gibt es für das Kaffeetrinken eine eigene Bezeichnung:
razgalica – am Morgen – um die Müdigkeit aus dem Körper zu vertreiben
razgovoruša – später am Tag – grad so als Trallafitti
sikteruša – nach dem Essen – um den Körper eine innere Ruhe und Ausgewogenheit zu geben
Das ist sicherlich eine Schilderung, wie sie in den größeren und kleinen Städten zu finden ist. Auf dem Land, gehört der Kaffee zur täglichen Kultur. Es ist die Zeit an Morgen, wenn man in Ruhe den kommenden Tag bespricht. Es ist die Zeit am Mittag, bevor man wieder an seine Arbeit geht und es ist die Zeit am Abend, wenn man auf den Tag zurückblickt. So habe ich es in bosnischen Familien erlebt, dazu aber mehr in einem kommenden Beitrag.
Kaffee hat in Bosnien eine lange Tradition. Er kam mit den Osmanen ins Land. Bereits im 16. Jahrhundert eröffnete das erste Kaffeehaus in Südosteuropa seine Pforten in Sarajevo und es ist urkundlich belegt, dass es im Jahr 1591 die erste gut ausgestattete Kaffeerösterei ihre Arbeit aufnahm. Die ersten Kaffeehäuser prägten bald das Bild der Städte und waren Mittelpunkt des wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Lebens.
Bosanska kafa – also bosnischer Kaffee – wird mancherorten auch turska kafa genannt. Doch der türkische Kaffee unterscheidet sich in der Zubereitung. Das beginnt schon beim Kochgeschirr. Während man beim türkischen Händler heute vorzugsweise einen Ibrik aus Emaille oder Edelstahl bekommt, setzt man in Bosnien auf Traditionelleres. Der Džezva ist meist ein aus Kupfer getriebener, nach oben enger werdender Zylinder. Die Verengung oben ist wichtig, denn so kann der Kaffeesatz nachher leichter im Kännchen gehalten werden.
Was in den touristischen Regionen – vor allem in der Altstadt von Sarajevo, der Baščaršija – als Kaffe-Set verkauft wird, ist nicht nur Souvenir, der Baščaršija ist in vielen Cafés tatsächlich in Gebrauch.
Für diese Art der Zubereitung muss der Kaffee staubfein gemahlen werden. Zu einem echten Bosanska Kafa gehört auch Bosanska Kocka Lomljena. Das ist Bosnischer Würfelzucker. Es ist wirklich so, dass er anders ist, als alle Würfelzucker, die ich bisher probiert habe. Bosnien-Urlaubern sei zu dem ans Herz gelegt sich mit bosnischem Würfelzucker einzudecken.
Bosnischer Zucker – das ist ein Mythos. Er ist staubfein zermahlen und dann zu Würfeln gepresst, die meist ungleichmäßig aussehen. Er zergeht wie Traubenzucker auf der Zunge. Es mag Einbildung sein oder nicht, Reisende, die sich die bosnische Art der Kaffeezubereitung im Urlaub abgeguckt haben und diese daraufhin am heimischen Herd praktizieren, schwören auf den bosnischen Zucker. Er – und nur er allein – garantiert das original bosnische Geschmackserlebnis. Alles andere ist Fake.
Der gravierende Unterschied beim Kaffeekochen im Vergleich zum griechischen oder türkischen Kaffee ist, dass der bosnische Kaffee meistens ohne Zucker gemacht wird. Für jede Tasse kommt in etwa ein Kaffeelöffel Pulver in das Kupferkännchen, dann wird zu zwei Dritteln mit heißem (!) Wasser aufgegossen. Jetzt wird das Kännchen kurz auf die heiße Herdplatte gestellt oder über die Gasflamme gehalten bis das Gemisch fast überkocht. Bringt der Zubereiter genügend Zeit und Muße mit, dann kann er diesen Vorgang auch noch ein oder zwei Mal wiederholen.
Serviert wird der bosanka kafa mit Würfelzucker und einem Lokum, einer orientalischen Süßspeise. Auch ein Glas Wasser darf natürlich nicht fehlen. Es empfiehlt sich das Kännchen erst kurz ruhen zu lassen bis sich der Kaffeesatz am Boden abgesetzt hat. Auch das Einschenken braucht einige Übung, will man all zuviel Kaffeesatz in der Tasse vermeiden. Zucker dazu, umrühren, wieder etwas warten – dann genießen. Für einen bosnischen Kaffee sollte man sich ohnehin etwas Zeit nehmen.
Dobrodošli
Einkaufstipp:
Die einfachsten, aber auch die schönsten Kaffeegedecke, habe ich in der Kupferschmied-gasse in der Altstadt von Sarajevo gefunden. „Wir versuchen das Material durch die Form optimal zur Geltung kommen zu lassen“, erklärte mir die Inhaberin. Sie haben neben Kupfergegenstände auch anders Kunsthandwerk im Angebot.
Vitrina the Crafthouse