Gaisburger Marsch

Ich war das erste mal im Leben so richtig im Schwäbischen. So richtig heißt: um einiges hinter Stuttgart. Die Ränder hatte ich ja schon mal geschrammt. Eigentlich komme ich ja aus Westfalen und das sitzt tief drinnen. Nun lebe ich schon Jahrzehnte im Badischen, unter anderem im tiefsten Hotzenwald. Das färbt ab, besonders wenn es um die Einschätzung von Menschen aus dem Landesteil Württemberg geht. Kurz und gut, es war gar nicht so schlimm. Auch dort leben Menschen, ganz nette sogar. Aber das Essen, manchmal gut und manchmal – oh je!

Am Bodensee ist es wahrscheinlich auch nicht viel besser, wenn man das falsche Gasthaus erwischt. Anbei – Bodensee und Schwaben. Ich hatte eine Zeit lang eine Nachbarin, eine Bäuerin, die am Wochenende mit einem Stand am Straßenrand ihre Kirschen und anderes Obst verkaufte. Wenn ein Auto hielt, bestimmte das KfZ Kennzeichen den Preis. Der günstigsten bekamen Einheimische, den mittleren Touristen mit badischen Kennzeichen. Stuttgarter und was dort noch sonst so kreucht und fleucht zahlten einen Schwabenaufschlag. Sie wußten es allerdings nicht. Man erzählt sich, die kommen am Wochenende um das Boot zu putzen. Bringen ihr Vesper mit, lassen kein Geld liegen und fahren vor allen Dingen mit ihrem Boot nicht auf den See. Das könnte ja Benzin kosten. Aber lassen wir diese Vorurteile, zurück zur schwäbischen Küche.

In Backnang war ich in zwei Gaststätten. „Der Storchen“ sei jedermann zu empfehlen. Ein schönes Lokal, da habe ich mich sofort wohl gefühlt, und die Maultaschen waren wirklich hervorragend. Leider ist das Foto nicht so gut, dafür war die Schorle mit einem guten Teil Weißherbst sehr lecker und trägt wohl etwas zur Unschärfe im Bild bei.

Am Abend wurde in einem sogenannten noblen Restaurant als Vorspeise (Suppe) eine Abart des Gaisburger Marsch angeboten. Logischer weise hieß dieser Eintopf lokal eingefärbt Backnanger Marsch. Und wäre ich nicht am Vormittag im Storchen belehrt worden, dass es sehr gutes Essen in Schwaben gibt, hätte ich sofort das alte Vorurteil wieder zum Leben erweckt und leise gemurmelt: „Diese Abart ist ganz schön abartig!“ Genießbar war es auf jeden Fall nicht.

Nun, der Gaisburger Marsch ließ mich nicht los. Zurück im Badischen las ich erst einmal nach, was da so hineingehört. Dazu gibt es viele schöne Anekdoten, die sich um dieses typisch schwäbische Gericht ranken. Die lasse ich heute weg, davon stimmt ja die Hälfte nicht. Ich denke für mich, dass dieser Eintopf als ein herrliches Resteessen geschaffen wurde. Als kräftiger Eintopf ist er ein wirkliches Erlebnis.

Zutaten und Zubereitung:
auf jeden Fall braucht man eine kräftige Rindsbrühe mit dem dazugehörigen Suppenfleisch, Spätzle und Kartoffeln.

500 g Rindssuppenfleisch (Querrippe odere von der Wade), 2 Rindermarkknochen oder Rindersuppenknochen, 2 große Karotten, 1/4 Knolle Sellerie, 1 Petersilienwurzel, Lauch, 1 Zwiebel, 2 Nelken, 1 Lorbeerblatt, 3 ganze Piment, Petersilie, Salz, Pfeffer, Wasser

Gemüse putzen und gemeinsam mit den Knochen, dem Fleisch und den restlichen Zutaten in einen Topf geben. Die Zutaten mit Wasser bedeckt zugedeckt so lange köcheln lassen, bis das Fleisch gar ist. Man kann zwischendurch den Schaum abschöpfen. Wenn man es nicht eilig hat und langsam gart, gibt es kaum Schaum. Vor dem Weiterverarbeiten entferne ich das Suppengemüse und die Gewürze.

Als Einlage sind Spätzle, Kartoffeln, Möhren und Röstzwiebeln ein muss. Die Kartoffeln werden separat gegart, die Spätzle kaufe ich in der Regel im Fertigpack. Aber bitte nicht die getrockneten, sondern frische Spätzle. Fertige Röstzwiebeln gehen gar nicht, die sollte man generell nicht benutzen. Die Möhren werde in Stifte geschnitten in der Brühe gegart, die Spätzle darin erhitzt, die garen Kartoffelstücke gebe ich zum Schluss hinzu. Die Zwiebeln in Ringe schneiden und rösten. Die kommen als allerletztes auf den Eintopf.

Das Fleisch habe ich nicht vergessen, in mundgerechte Stücke geschnitten wird es mit den Spätzle und Möhren in die Suppe gegeben.

Abschmecken und eigentlich wären wir fertig. Nicht ganz, es ist keine Sünde, weiteres Gemüse hinzuzufügen. Ich mag gerne vorgegarte Blumenkohlröschen, Zuckerschoten und auch grüne Bohnen als Ergänzung.

Ein Glas Muskattrollinger dazu ist kein Fehler!

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Moravský Vrabec – Mährische Spatzen

Wörtlich übersetzt heißt Moravský Vrabec „Mährischer Spatz“ und ist ein gängiges Gericht, das man in fast jedem traditionellen tschechischen Restaurant bestellen kann. Wie der Name schon vermuten lässt, stammt es ursprünglich aus der Region Mähren, enthält aber glücklicherweise überhaupt keinen Spatz.

Nun sind mir viele Gerichte bekannt, die das Wort „Spatz“ enthalten. Das bezieht sich meist auf „Spätzle“ und ihre Verwandten: Mehlspatzen, Käsespatzen, Krautspatzen. Im Fränkischen kennt man die Feuerspatzen, fränkisch auch Feierschpootz’n. Ein typisches Schmalzgebäck, das entweder mit Zimt-Zucker, Puderzucker oder Marmelade genossen werden kann.

Ein weiteres interessantes Gericht mit Spatz ist in der Schweiz das Pot-au-feu beim Militär.  Der schweizer Journalist Paul Imhof schreibt dazu: „Das Schweizerdeutsche Wörterbuch Idiotikon bezeichnet Spatz als «tägliche Fleischration des Soldaten», eigentlich «das kleine oder als klein bespöttelte Stück Fleisch in der Suppe». Zitiert wird ein Zeitungsartikel von 1922: «Vorher [vor der Zeit Napoleons I.] hatten in der buntscheckigen Eidgenossenschaft … einzig die Stände Bern und Zürich ihren Milizen neben Sold und Brot auch noch das Fleisch, den Spatz, geliefert.» In einem Manöverbrief von 1887 war zu lesen: «Die Grützsuppe hat sich morgens auch bei den leidenschaftlichen Kaffeemannen rasch eingebürgert; Mittags- und Abendsuppe mit dem auf beide Male verteilten Spatz sind geradezu delikat».“

Wo auch immer das Wort Spatz in Mähren herstammen mag, das Gericht ist ein echter Seelentröster. Es handelt sich um ein in zwei Schritten zubereitetes Stück Schweinefleisch, das zunächst geschmort und dann gebraten wird. Es wird mit Knoblauch, Kreuzkümmel und Salz gewürzt und manchmal mit Bier übergossen. 

Zutaten:
750–800 g Schweinebauch, -schulter oder -nacken (separat, gemischt aber alles ohne Knochen), 2 Esslöffel Schmalz, 3 größere Zwiebeln, 5 Knoblauchzehen, 1 Teelöffel Kreuzkümmel, 1 Esslöffel Senf, 1 Teelöffel Salz, 1 Teelöffel Mehl, 1 Glas Bier

Zubereitung:
Das Fleisch in 3 – 4 cm große Würfel schneiden.

Zwiebeln und Knoblauch ebenfalls in kleine Würfel schneiden und das Fleisch, Zwiebeln und Knoblauch nach und nach in einer Kasserolle anbraten.

Bier angießen und zugedeckt langsam köcheln lassen, aber nur bis es halbweich ist.

Die zweite Hälfte des Garvorgangs erfolgt im Backofen – ohne Deckel und bei 180 Grad (keine Heißluft). Jetzt geben wir den Kreuzkümmel dazu. Die Flüssigkeit verkocht, das Fleisch bräunt und wird goldbraun, die Zwiebel verschwindet und hinterlässt ein herrliches Aroma.

Das gegarte Fleisch geben wir mit dem restlichen Saft zurück auf die Herdplatte und dicken es an. Da der Saft nicht separat abgegossen und verarbeitet werden kann, erfolgt das Andicken, indem man das Fleisch durch ein Sieb mit Mehl bestäubt, mit einem Deckel abdeckt, das Mehl kurz ausdünstet und erst dann vermengt. Das Abdecken ist wichtig, denn das Mehl soll schwitzen, sich erschließen und später nicht das Aroma überdecken. Wie es bereits im Wort „Mehlschwitze“ angedeutet wird, muss Mehl schwitzen. Falls nicht genügend Saft vorhanden ist und das Ganze zu dick wird, fügt man etwas heißes Wasser hinzu. Mit Salz und Senf abschmecken.

Zum Mährischen Spatz serviert man Kartoffelknödel, Sauerkraut, Rotkraut oder Spinat. An einem nasskalten Herbsttag mundet es besonders gut.

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Konfierte Hühnerleber mit Portweinschalotten an einem gemischten Salat

Es gibt Gelegenheiten, an denen man möglichst schnell und ohne großem Aufwand ein einfaches, doch beeindruckendes Gericht auf den Tisch bringen muss. Ein Salat ist meist passend, aber ein Salat allein ist schon eine einsame Sache. Wir alle kennen die Nudel-, Schicht- oder Kartoffelsalate mit einem heißen Würstchen (oder vegetarisch mit dem obligatorischen halben Ei), und wissen, dass es sicher Besseres gibt. Nichts gegen Familientraditionen („… den macht meine Schwägerin Else schon ewig und alle sind immer so begeistert“) aber man kann ja mal etwas Neues ausprobieren.

Bei der Gelegenheit: Ich hörte einmal von einer älteren Dame, die den besten Kartoffelsalat machte, den sich die Angehörigen vorstellen konnten. Trotz Bitten hat sie das Rezept verraten. Schließlich – sie war schon im sehr hohen Alter und machte schon lange keinen Kartoffelsalat mehr – verriet sie es einer Enkelin: „Kind“, sagte sie, „ich habe kein besonderes Rezept, ich habe einfach immer etwas zu wenig gemacht.“

Ich serviere bei solchen Anlässen gerne einen gemischten Salat, wo man allerlei Grünzeug, Tomaten und sonstiges Salatzeugs hineinpacken kann. Beim Dressing bin ich wählerischer, allein beim Essig. Ich selbst bevorzug eine Mischung aus Weißwein- und Madeiraessig mit einem Spritzer Balsamico. Wohlgemerkt Balsamico, nicht Aceto Balsamico. Dazu ein gutes Olivenöl, und wenn es nicht so intensiv sein soll, eine Ölmischung aus Sonnenblumenöl mit Olivenöl.

So ein Salat und das Dressing kann man leicht vorbereiten. Dazu richte ich gerne konfierte Hühnerleber an. Wenn man sie erst einmal zubereitet hat, hält sie sich unter Luftabschluss oder im Entenfett einige Wochen. Zum Anrichten komme ich dann später unter dem Absatz Zubereitung.

Was bedeutet Konfieren? Am besten ist, wenn ich mich selbst zitiere, denn ich habe es schon einmal im Rezept: „Confitierte Entenkeule, geschmorter Rotkohl, grüne Pfeffersauce und karamellisierte Äpfel“ beschrieben:

In der Küche bedeutet Konfieren, das Fleisch zu salzen, um ihm Feuchtigkeit zu entziehen, bevor es in seinem eigenen Fett gegart wird. Der Unterschied zum Frittieren besteht darin, dass man das Fett bei niedriger Temperatur hält und das Fleisch mehrere Stunden lang gart. Sobald das Fleisch zart und saftig ist, wird es mit Fett bedeckt und an einem kühlen Ort gelagert. Das Fett wirkt als Barriere gegen Bakterienwachstum, wodurch das Fleisch mehrere Monate haltbar bleibt. Diese Praxis wurde auch lange nach der Einführung der Kühlung beibehalten, da das Ergebnis unwiderstehlich lecker ist und saftiges, reichhaltiges, salziges Fleisch ergibt. Konfieren kann man auch mit der „Sous vide Methode“.

Nun werde ich die Hühnerleber nicht vorher salzen, aber ansonsten bleibt die Methode gleich. Ich muss die Hühnerleber nur noch erwärmen und gegebenenfalls würzen. Diesmal habe ich die Hühnerleber mit Portweinschalotten zubereitet, die zugleich die Leber würzten. Auch das kann man bereits am Vortag vorbereiten.

Zutaten:
Pro Person ca. 80 – 100 g Hühnerleber (fertig geputzt), Entenfett, pro Person 2 – 3 Schalotten, Butterfett und Portwein.

In den Salat kommt das hinein, was die Saison bietet, das Dressing passe ich dem Salatinhalt an.

Zubereitung:
Die Hühnerleber mit etwas Entenfett – ich rechne 5 – 10 Gramm auf 100 g Leber – in einem Beutel einschweißen, und im Wasserbad bei 70° C dreißig Minuten konfieren. Diese Beutel verwahre ich kühl auf.

Die Schalotten putzen und in wenig Butterschmalz anbraten. Mit Portwein aufgießen und solange reduzieren, bis der Portwein dickflüssig wird. Dafür sollte man zwei Sorten Portwein verwenden: eine preiswerte Variante für die Sauce, eine bessere zum Trinken, während man immer mal wieder umrührt. Das alles geht bereits am Vortag oder Vormittag.

Die Beutel mit der konfierten Hühnerleber im Wasserbad erhitzen und nach 15 Minute zu den Portweinschalotten geben.

Zum Schluss abschmecken! Und mit Salat anrichten.

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