Russischer Salat oder Russland Olivier

Bevor wir nun zur Geschichte rund um das Rezept kommen, möchte ich zwei Emails einstellen, die zur momentanen Situation Russland / Ukraine in meinem Emailfach landeten. Ich habe noch mehr Reaktionen bekommen, die ich gar nicht erwartet hatte. Mir ging es um den guten Geschmack, nicht um Politik. Ich finde den Überfall auf die Ukraine auch so schrecklich, wie sicher die meisten Menschen. Und ich kann kein Wort der Entschuldigung für die russische Führung finden. Krieg ist einer zivilisierten Gesellschaft nicht würdig. Die Geschichgte zeigt uns, dass Kriege angeblich immer zwischen Völkern geführt wurden. Doch in Wahrheit hat sich immer nur eine kleine Gruppe Menschen mit Machtmissbrauch die meisten Kämpfer gezwungen, die Interessen dieser kleinen Gruppe durchzusetzen. Ich bin zutiefst davon überzeugt: SOLDATEN SIND MÖRDER

Kommentare, die mir per Email zugingen:

Sehr geehrter Herr Breuer, ich war sehr erfreut, Ihren Beitrag zu lesen, wo man zur Zeit offensichtlich nur noch ukrainische Rezepte posten darf. Ein kleiner menschlicher Beitrag , wenn ich es richtig verstehe, um zu signalisieren, dass es überall auf der Welt Menschen mit Anstand und ohne gibt. Der russische Salat ist sehr lecker und zeigt in der einfachen Variante die Bescheidenheit vieler Russen in ihrem Land. Mit freundlichen Grüße U. Fritzsch Gesendet mit der WEB.DE iPhone App —von: ufritzsch@web.de am 17.03.2023

——————————————————————————————————————

Moin, Moin, Gerhard,

hier schon einmal vorab mein Kommentar zu Deinem Rezept. Denn wenn Du die Kommentarfunktion erst in einigen Wochen behoben hast, ist der Kommentar vielleicht (hoffentlich) nicht mehr notwendig:

Ein Rezept für ein russisches Gericht?

Muss das sein?

Aus gegebenem Anlass boykottieren Millionen von Menschen russische Waren, um auch auf diese Weise Sanktionen gegen das kriegführende Russland durchzusetzen.

Selbst kleine Geschäftsinhaber wie mein Kioskbesitzer hat keine russischen Waren mehr im Sortiment. Ich selbst trinke keine russischen oder auch türkischen Getränke mehr. Selbst russische Spielfilme im Fernsehen schaue ich mir nicht mehr an.

Und sehr viele Foodblogger veröffentlichen in dieser Zeit ukrainische Rezepte zum Zeichen der Solidarität mit der Ukraine. Siehe: „www.kochtopf.me/yabluchnyk-ukrainischer-apfelkuchen“ oder „www.nudelheissundhos.de/2022/03/15/yabluchnyk-ukrainischer-apfelkuchen/“. Willst Du dir das nicht noch einmal überlegen? Grüße aus Hamburg Thomas

Ich muss mir das nicht überlegen. Es gibt Dinge die sind unschuldig, wie zum Beispiel Rezepte. Ich rede auch weiterhin mit meinen russischen Nachbarn (die sich im übrigen für den Überfall auf die Ukraine schämen): Wenn diese gleichen Leute, die einen Krieg anzetteln, wieder einmal ihr Geld bei der Suisse Credit verstecken, werde ich trotzdem die schweizer Küche loben. Wenn in England Boris Johnson und seine Kumpanen das Land weiter in die nächste Krise führen und auch noch großen Rückhalt in der Bevölkerung haben (noch), werde ich weiterhin der englischen Küche fröhnen, die ich sehr schätze. Ich rede mit meinen Freunden aus dem Iran und aus der Türkei, auch wenn ich die Regierungen für korrupt und diktatorisch halte. Ich will das nicht weiter ausführen, nur noch einen Satz: Wenn all diese sogenannten kleinen Leute, die in Wirklich alles am Laufen halten, nicht mehr miteinander sprechen, dann habe ich keine Hoffnung mehr!

——————————————————————————————————————

Zur Geschichte:

Wer kennt ihn nicht, dieses Gemüseallerlei in Mayonnaise. Russischer Salat – oder richtiger Russland Olivier – ziert so manches Buffet und ist tatsächlich ein in Russland gängiges Gericht. Wenn man seinem Ursprung auf den Grund geht, muss man 100 Jahre in die Vergangenheit reisen und stellt fest, dass er sich im Laufe der Zeit verändert hat.  Wie viele kulinarische Klassiker aus der Sowjetzeit hat der Olivier seine Wurzeln in der vorrevolutionären, französisch inspirierten Küche. Kreiert wurde er von Lucien Olivier, Chefkoch des renommierten L’Hermitage Restaurant in Moskau. Es war ein Hors d’oevre, bestehend aus Zutaten wie Moorhuhn, Cornichons, Langusten, Kapern, Erbsen, Kartoffeln und Kaviar, elegant angerichtet und mit der charakteristischen Sauce des Küchenchefs angerichtet. Die meisten seiner Gäste zogen es jedoch vor, alles auf dem Teller zu mischen, also verwandelte der Koch das Gericht schließlich in einen Salat. Oliviers Kreation erlangte Kultstatus und während er das Rezept geheim hielt, veröffentlichten viele zeitgenössische Kochbücher ihre Vermutungen. 

Mit Beginn der Russischen Revolution 1917 entfernte sich das Gericht noch weiter von seinen Ursprüngen. In den folgenden 70 Jahren Sowjetregime verließen Emigrantenwellen das Land und nahmen ihr kulinarisches Erbe mit. Das Gericht, das weltweit als russischer Salat bekannt ist, erwies sich als universell ansprechend und leicht anpassungsfähig und wurde oft auf einen Kartoffel- und Karottensalat reduziert. Heutzutage begegnet uns der russische Salat so nah und fern wie im russischen Imbiss ums Eck, einer spanische Tapas-Bar oder in einem alten Schweizer Kochbuch. 

Die Geschichte des Gerichts ist so komplex wie die Geschichte jener 100 Jahre, in denen es sich von einer Delikatesse in einem bürgerlichen Restaurant der 1860er Jahre zu einem absoluten Grundnahrungsmittel in jeder sowjetischen Familie in den 1970er Jahren entwickelte. Nur hat die sowjetische Version dieses Salats nichts mehr mit dem Original gemeinsam. Oft brauchte es für die Zusammenstellung viel Organisationsgeschick, denn bei der Versorgungslage in der ehemaligen UdSSR war nicht unbedingt alles gleichzeitig zu kaufen. Mayonnaise und Erbsen wurden bereits im Sommer eingekauft und zurückgestellt, damit man an Sylvester den Salat zubereiten konnte. Im Wesentlichen bestand er aus Kartoffeln, grünen Erbsen, Gewürzgurken, Karotten, Eiern und gekochter Hähnchenbrust oder Kochwurst. Dies alles fein gewürfelt wurde mit Mayonnaise vermischt.

Die Variante die ich bevorzuge, ist nicht mit einer schweren Mayonnaise, sondern mit einem leichten Dressing angemacht.

Zutaten:

2 mittelgroße Kartoffeln , 2 mittelgroße Karotten , 2 hart gekochte Eier, 1/2 Tasse aufgetaute grüne Erbsen , 2 mittelgroße eingelegte oder fermentierte Kirkby-Gurken (gibt es im russischen Laden oder man nimmt kleine Freilandsalatgurken und fermentiert sie selber), 2 gekochte Hähnchenbrüste

Für das Dressing 

200 g Crème fraîche , 200 g griechischer Joghurt , 1 kleiner Bund Dill, fein gehackt , Saft von 1/2 Zitrone , Salz und Pfeffer nach Geschmack

Zubereitung:

Kartoffeln und Karotten schälen und in leicht gesalzenem Wasser kochen. Je nach Größe benötigt man etwa 25-35 Minuten.

Dann die Eier kochen, was etwa 8 Minuten dauert. Sobald die Zeit abgelaufen ist,  hält man sie für einige Momente unter einen Strahl kalten Wassers. Schälen und beiseite stellen.

Zum Auftauen die Erbsen einfach in ein Sieb geben und mit kochendem Wasser übergießen. 

Sobald alle Gemüse und die Eier gekocht sind, muss man sie fein würfeln und kann sie zusammen mit den Gurken jedes für sich separat anrichten oder man mischt es in einer großen Schüssel.

Die gekochte feingewürfelte Hähnchenbrust gibt man zu der Mischung.

Für das Dressing alle Zutaten in eine Schüssel geben und gut verrühren.

Das Dressing entweder über oder zum geschnittenen Gemüse geben und gründlich vermischen. 

Nun hat jeder die Möglichkeit, zu den Ursprüngen dieses so beliebten Rezepts zurückzukehren und kann den Teller mit ausgelöstem Langusten Fleisch, Kapern und anstatt der Kirkby-Gurken Cornichons ergänzen.

Dieser Beitrag wurde unter Rezepte veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort zu Russischer Salat oder Russland Olivier

  1. Dora sagt:

    Ich finde ihre Ansicht super menschlich. In Deutschland leben viele Menschen mit russischen Wurzeln, die nichts für den Krieg können. Diese Menschen möchte niemand boykottieren, hoffe ich doch. Durch so ein Rezept erfahren sie, dass sie nicht ausgeschlossen werden. Der Salat ist lecker.

Schreibe einen Kommentar