Münsterländer Knabbeln

Bei den Urgroßeltern im Münsterland gab es an Werktagen immer ein sehr bescheidenes Frühstück. So die Knabbeln, die auch Bauernzwieback genannt werden. Viele Menschen im Münsterland kennen sie nicht mehr, wenn ich sie auf „Knabbeln“ anspreche. Und meist werde ich gefragt: „Krabbeln?“– aber das kann man weder essen noch trinken!“. Einmal darüber aufgeklärt, was Knabbeln sind, staunt der unkundige Münsterländer dann nicht schlecht. Es sei denn, er ist älter als – sagen wir mal – fünfzig. Dann weiß er sehr oft Bescheid, wann immer das Wort Knabbeln fällt. „Ja, Mensch, so was gab es früher bei meiner Oma zum Frühstück,“ sagt er. Er erinnert sich nämlich noch an jene trockenen Stücke Bauernstuten, die man in „Kümpkes“ gab, um sie dann mit Milch, Kaffee oder Kakao aufzugießen. Die Männer in der Familie aßen die Knabbeln anstatt mit Milchkaffee mit „Fettsoppen“. Das war eine heißgemachte Fleischsuppe. Knabbeln waren, wohlgemerkt, kein altes Brot, sondern das Weißbrot, das so wie es aus dem Ofen kam, in kleine Stückchen gebrochen noch einmal gebacken wurde. Das macht es dauerhaft haltbar.
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Die eingeweichten Brotstücke wurden dann aus der Schale herausgelöffelt und mit genüsslichem Schlürfen gegessen. Warum man das damals machte und wieso Knabbeln mittlerweile fast in Vergessenheit geraten sind? Das liegt am Wohlstand. Heute isst man Müslis, Cornflakes und all die unguten Sachen, die aus dem großen Frühstückspackungen kommen. Dennoch ging das Knabbelnessen auch über das Motto „in der Not schmeckt jedes Brot“ hinaus – und wurde schließlich zur Tradition. Heute findet man wieder in Münster und auf dem Land einige Bäckereien, die Knabbeln backen. Meine Lieblingsbäckerei ist Telgmann im Werne, die seit 190 Jahren münsterländische Spezialitäten anbietet – so auch Knabbeln.

Knabbeln macht man aus Münsterländer Bauernstuten, der erst einmal gebacken werden muss:

Zutaten
900 g Weizenmehl
100 g Roggenmehl
1 TL Zucker
40 g Frischhefe
150 ml lauwarmes Wasser
250 ml Buttermilch
250 ml Wasser
20 g Schweineschmalz
20 g Salz

Aus den Zutaten einen Brotteig machen. Dafür die Mehlsorten mischen, Zucker und Salz dazugeben, die Hefe im lauwarmen Wasser auflösen und zusammen mit der Buttermilch zu einem Teig verkneten. Dann arbeitet man noch das Schmalz darunter.
Der Teig sollte so 30 Minuten ruhen, er geht schnell auf. Dann wird er ein zweites Mal geknetet und ich gebe ihn in eine große Kastenform, wo er wieder aufgehen kann. Bei hoher Hitze backen, bis der Stuten durch ist.

Knabbeln machen
Den noch warmen Stuten in Stücke brechen und noch einmal für 2 Stunden bei 50° C backen und im heißen Backofen auskühlen und trocknen lassen.

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8 Antworten zu Münsterländer Knabbeln

  1. Andrea Kreft sagt:

    Bin ganz begeistert die Knabbeln bei Ihnen zu finden!
    Vielen Dank für das Rezept.
    Ich bin über 60 und habe sie gerne in meiner Kinderzeit bei den Großeltern gegessen…

    MfG

  2. Mira sagt:

    Ich glaube, das ist das, was meine Oma früher gegessen hat. Bei uns (nördliches Münsterland) hießen sie Be-stüten (ich weiß nicht, ob die Schreibweise richtig ist). Die wurden beim Bäcker für kleines Geld gekauft, kamen ins Kümpchen und wurden mit Milch und Kaffee aufgegossen.

  3. K. Huesmann sagt:

    Ich (70) und ausgewanderter Münsterländer (geb. In Nordwalde).lebe jetzt in Hessen. Da überkamen mich doch gerade so seltsame Gelüste auf „Münsterländer food“ – würde man wohl heute sagen.
    Also machte ich mich auf die Suche nach „Elshoffs Schwarzbrot“ und Knabbeln. Beides konnte ich schnell finden. Das Schwarzbrot, (es ist einmalig) werde ich bestellen und für Knabbeln habe ich ja jetzt auch ein Rezept. Danke dafür.

    Leberbrot, Wüstenrot und Münsterländer Knochenschinken aus Nordwalde habe ich schon im letzten Winter geordert.

    Somit kann ich auch in Hessen weiter überleben.
    – K. Huesmann –

    • admin sagt:

      Lieber Herr Huesmann,
      so geht es mir auch. Ich bin inzwischen 75 und lebe seit ca. 50 Jahren am Bodensee. Hier gilt die Dichtrin Annette von Droste Hülshof aus dem Münsterland, als die Bodenseedichterin aus Meeresburg. Ich sage dann immeer: „Die kam doch nur hierher um ihre Krankheit auszukurieren. Und sie starb dann hier.“ Das „Münsterländer food“ fehlt mir immer noch und ich lass mir von Zeit zu Zeit Pumpernickel von der Bäckerei Holtermann aus Seppenrade schicken.

  4. Markus Breuer sagt:

    Hallo mein(e) offensichtliche(r) Ex-Nachbar_in in Seppenrade,

    Knabbeln und Pumpernickel gibt es, Gott sei Dank, noch immer bei Holtermann. Dein Rezept irritiert mich jedoch ein wenig. Versuche doch mal den Zucker durch rund 20 g Rübenkraut zu ersetzen und die Buttermilch wegzulassen, die Hefe in rund 560 ml warmen Wasser aufzulösen und Schmalz durch Butter zu ersetzen. Zusätzlich verwende ich 3 Eßlöffel weißen Balsamico und 50 g Quark (40%). Die Hefe reduziere ich um 50%, lasse den Teig aber 24 Stunden ruhen (4 Stunden bei Zimmertemperatur, 20 Stunden im Kühlschrank). Zwischendurch mal durchfalten schadet nicht

    Ich benutze auch Weizen- und Roggenmehl, allerdings unterschiedliche Typen (550, 812 und 997)

    • admin sagt:

      Hallo, ich denke, dass ich zwar mit allen Breuers, die so rund um Lüdinghausen und Seppenrade leben und lebten, verwandt bin. Und vielleicht sind wir es auch, aber ich habe nie direkt in Seppenrade gelebt. Das Rezept ist von meiner Urgroßmutter. Jetzt werde ich mal Dein Rezept ausprobieren. Danke vielmals dafür.

  5. Christoph sagt:

    Traumhaft, ich bin zwar „erst“ 38 Jahre alt aber Knabbeln kenne ich trotzdem noch sehr gut.
    Meine Großeltern und später dann meine Eltern hatten noch einen alten gemauerten Holzbackofen. Hier wurde nach dem Stuten backen die Restwärme genutzt um einen Teil der frischen Stuten zu Knabbeln weiter zu backen.
    Unser Familienrezept für den Stuten sah allerdings etwas anders aus. Es wurde nur Weizenmehl, Hefe und etwas Zucker benutzt. Falls Salz drin war dann nur sehr wenig. Das Brot schmeckt dadurch nochmal ganz anders und für meine Frau die nicht damit aufgewachsen ist auch etwas Fad. Ich dagegen liebe das Brot noch heute, ankönnten mit einem luftgetrockneten Schinken.
    Knabbeln wurden bei uns übrigens vor allem an heißen Sommertagen mit kalter Milch aufgegossen und in den Kühlschrank gestellt. Das wurde dann eine schön erfrischende Mahlzeit zum Mittag.

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