„Kick aus fernen Töpfen“ – frikandel, bitterballen und kroket

Es ist mir eine Freude und Ehre, zum Blog-Event „Kick aus fernen Töpfen“ von Peters Blog „Aus meinem Kochtopf“ das Fußballweltmeisterschaftsteilnehmer „Holland“ vorzustellen. Und als allgemein bekannter Besserwisser stelle ich mal eines gleich richtig: das Land heißt nicht Holland, sondern sein richtiger Name ist: Das Königreich der Niederlande. Und wer das auf Holländisch aussprechen möchte, hat gleich einen Zungenbrecher: de Koninkrijk der Nederlanden.
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Das ist ja eine der bekanntesten Fußballnationen und wir kennen sie vor allem durch die Farbe Orange. Ich kann mich gut an die Fußballweltmeisterschaft 1974 in Deutschland erinnern. Da durfte ich das Spiel Holland gegen Schweden in der „Glück auf Kampfbahn“ in Deutschland sehen. Alles war orange, die Stimmung war unglaublich und die Fans verbrüderten sich. Unsere Helden waren nicht Beckenbauer oder Sepp Maier oder Paul Breitner – Bayern war viel zu weit weg -, unsere Helden waren Johan Neeskens, Johan Cruyff und Ruud Krol.
Warum die Holländer Orange als ihre Fanfarbe haben? Das hängt mit dem holländischen Königshaus Oranien zusammen. wappen der niederlandeUrsprünglich stammt der Name Oranien von der provencalischen Grafschaft Oranien (französisch Orange), dem späteren Fürstentum Orange in der Rhoneebene im heutigen Frankreich. Der Sage nach wurde die Stadt Orange im südfranzösischen Departement Vaucluse um das Jahr 800 von einem Lehnsmann Kaiser Karls des Großen namens Wilhelm (Guilhelm d’Orange) eingenommen. Er ist somit Begründer der Dynastie und das Analog: Oraneg / orange führte zu der Fareb, die in den Niederlanden für Fußball (und auch andere Sportarten) steht.
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Die Niederlande waren uns nahe. Wir konnten mit den Fahrrad dort hin fahren, sie sprachen eine Sprache, die wir noch verstehen konnten und wir liebten die holländischen Märkte. Damals, als es in Deutschland noch kaum einen Flohmarkt gab, gab es sie in Holland schon. Das waren die besonderen Märkte. Aber unser Ziel waren die Bauernmärkte. Da waren wir oft zum Einkaufen, die EU gab es so noch nicht und viele Dinge waren in Holland viel billiger. Vor allem gab es Dinge, die uns so sehr fremd waren. Durch die Kolonien gab es fremdländische Gewürze und Delikatessen, die wir alle ausprobierten.
Natürlich haben wir auch die spezielle holländischen Leckereien geliebt, mehr oder weniger. Meine Freunde liebten die Stroopwafel, ein Waffelgebäck mit einer Sirup-Füllung aus Karamell oder Honig – mir waren sie zu süß. Ich mochte nicht gerne Süßes, somit auch kein Hagelslag, ein traditioneller weißer oder dunkler Schokostreusel für das Butterbrot. Aber von den süßen Dingen mochte ich Poffertjes, ein Eiergeback, das in einer spezielle Pfanne gebacken wurde. Und ich liebte Krentebollen. Man könnte die holländischen gefüllten krentebollen mit den deutschen Rosinenbrötchen vergleichen. Aber dieser Vergleich hinkt. Denn diese Brötchen sind so gehaltvoll, wie man sie nirgendwo in Deutschland findet. Die Niederländer machen sich gerne lustig über die deutsche Variation und bemerken regelmäßig, man könne ja von der einen Rosine zur anderen fietsen (Fahrrad fahren), daher sollten die deutschen Bäcker ein Fahrrad zum Rosinenbrötchen mitliefern.
Was wir unbedingt kaufen mussten, waren Beschuiten. Das ist eine runde kleine lockere Zwiebackart, die meine Großmutter nahezu jeden Nachmittag mit Johannisbeergelee aß. Beschuiten gab es auch im Münsterland, aber die leckersten kamen aus Holland von Bolletje.
Da ich kein Kind war, dass Süßes mochte, liebte ich dagegen alle deftigen Speisen und damit war ich in Holland richtig. (Ich merke soeben, dass ich auch wieder den Überbegriff Holland benutze, obwohl wir immer in den Landesteilen Limburg, Gelderland und Overijssel waren.) Als erstes führte uns unser Weg in Arnhem zum Hafen: „Wir gehen schnell mal Matjes essen!“ Matjes ist eine wundervolle Sache und eine holländische Spezialität. Der Name Matjes kommt vom niederländischen Wort maatjesharing, das wiederum eine Anlehnung an das Wort maagd (junges Mädchen) ist. Demnach sind Matjes junge Heringe, die gefischt werden, bevor sie geschlechtsreif sein. Sie sind besonders zart. Wir standen dann an den Fischständen und aßen Matjes, im Stehen. Man schnappte sich so ein Filet am Schwanz, klopfte es eventuell in einen Teller voller fein gehackter Zwiebeln, legte den Kopf zurück und ließ den Matjes langsam in den Mund gleiten. Und hinter her gab es einen Genever, immer begleitet von dem Spruch: „Nich lange schnacken, Kopp in Nacken.“
Im Gegensatz zu den Erwachsenen mochte ich auch andre holländische Spezialitäten:
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Kroket, bitterbal und frikandel met patat
Das sind kleine Häppchen mit einer Art von Fleischfüllung und außen herum paniert. Dazu gab es Pataten, das sind Friten auf Holländisch. Mal mit Mayonnaise, mal mit Curry Sauce, dann wieder mit Saté Erdnußsauce, mit und ohne Zwiebeln.
Die kroket werden aus Salpicon mit Fleisch (eine Art dicke Ragout ) gemacht. Man läßt die Masse erkalten und im kalten Zustand werden sie dann zu einer Rolle geformt, worauf sie mit Eier , Mehl und Paniermehl allseitig dicht verschlossen und frittiert werden. Also nicht unbedingt das, was man sich daheim antut.
Bitterballen sind frittierte und knackig panierte Bällchen mit einer weichen, schmackhaften Füllung. Traditionell bestehen sie aus Rindfleisch, aber sie können auch mit Huhn, Kalbfleisch oder – für Vegetarier – sogar mit Pilzen zubereitet werden.
Frikandel sind eine Art Frikadellen, aber in langer runder Form und man möchte oft nicht wissen, was da drinnen ist. Wie heißt es so schön: „Wenn rauskommt, was da rein kommt, dann kommt der Metzger rein und lange nicht mehr raus.“
Und dazu gab es patat Das sind Pommes frites und genau so, wie man sie überall in Deutschland erhält.
Und jetzt ans Werk. In unseren frikandel sind alles Zutaten drin, die man wissen darf.
500 g Hackfleisch gemischt
2 Zwiebeln
4 EL Mehl
1/2 TL Currypulver
1/2 TL Cayennepfeffer
Salz und Pfeffer

Zubereitung
Zuerst schälen wir die Zwiebeln, dann wird sie fein gehackt, sehr fein.Und jetzt lassen wir das Hackfleisch zusammen mit den gehackten Zwiebeln sowie den Gewürzen und dem Mehl durch die feine Scheibe von einen Fleischwolf. Ganz richtig, das Hackfleisch noch einmal durch den Fleischwolf. Die Masse abschmecken und mindestens eine Stunde im Kühlschrank ruhen lassen.
Kurz vor dem Frittieren formen wir Rollen mit 2 – 3 cm Durchmesser und 6 – 8 cm Länge. Auch die müssen noch einmal 45 Minuten gekühlt ruhen.
Bei 180° C in der Friteuse ca. 7 Minuten backen. Beim ersten Versuch prüfen, ob das Fleisch durch ist.
Auf Papier entfetten und dazu gibt es Pommes frites. Echt ist das Ganze aber nur, wenn auch eine der Saucen, am besten Mayonnaise, dazu gereicht wird.

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12 Antworten zu „Kick aus fernen Töpfen“ – frikandel, bitterballen und kroket

  1. Susanne sagt:

    Allerliebst, wie sich der Fußballer im Petersilienfeld versteckt :-)
    Die Bitterballen hatte ich für die Niederlande auch in der näheren Auswahl; wenn es Herbst wird, muss ich diese deftige Sache mal in Angriff nehmen.
    …..übrigens ist mein Mann ja der Meinung, dass die Niederlande Weltmeister werden.

  2. Da gebe ich Susanne recht.
    Sehr genial, wie Du den kleinen Fußballer in der Petersilie platziert hast.
    Aber das ist nur oberflächlich betrachtet…
    Deine Erzählung von „damals“ gefällt mir ausgezeichnet.

    Mit leckerem Gruß aus meinem Kochtopf
    Peter

    • admin sagt:

      Weißt Du Peter,
      die Petersilie war eine Notlösung. Ich konnte in der Schweiz einfach kein Tulpenfeld oder eine Tomatenplantage finden.
      Petersilie passt doch immer.
      Mit kulinarischen Grüße
      Gerd

  3. Eva sagt:

    Mir war Belgien früher immer sympathischer, keine Ahnung warum. Die Niederländer, die wir im Ausland trafen, waren oft, nun ja, gewöhnungsbedürftig. Natürlich kann man nicht alle über einen Kamm scheren… ;-)
    Deinen Artikel las ich wie immer gespannt und die frittierten Frikadellen, herrlich!
    Liebe Grüße,
    Eva

    • admin sagt:

      Liebe Eva,
      manche Holländer sind gewöhnungsbedürftig. Aber sind das nicht alle, wenn sie im Urlaub im Rudel auftreten. Engländer in Spanien sind ein Erlebnis, Schweizer in Italien sind nicht unauffällig und in Ungarn habe ich in einer Szcarda erlebt, wie eine deutsche Gruppe „Wie ist es am Rhein so schön sang“.
      Die Belgier waren mir allerdings auch nicht unauffällig. Die treten aber selten im Rudel auf. Nun soll man nicht von einem auf alle schließen, aber der eine fuhr falsch rum durch eine Einbahnstraße, gut betrunken und viel zu schnell. Der hat damals meinen dreijährigen Sohn erwischt und ich verbrachte die nächsten Urlaubswochen in einem französischen Krankenhaus am Bett des Jungen. Er ist übrigens kurz ausgestiegen um dann Fahrerflucht zu begehen. Das hat mein Bild von belgischen Autofahrern geprägt.
      Dir und Herrn H. wünsche ich ein schönes Wochenende, ruhig voller kulinarischer und sonstiger Genüsse
      Gerd

  4. Von Holland und Holländern habe ich genau gar keine Ahnung. Danke, dass du uns auf diese schöne Zeitreise mitgenommen hast.
    Ich mag deinen Fußballer in der Petersilie! Und nachdem du ihn mit ordentlichem Essen versorgst, muss er hoffentlich nicht in andere Spieler beißen auf dem Fußballplatz. ;)

  5. Paul Riesig sagt:

    Ein toller Bericht, tolle Bilder, leckere „Pommes“ und „Frikadellen“ ;-)

    Eine Frage:“Warum muss das Hack vor dem frittieren gekühlt werden?“ Ich muss zugeben, vom frittieren habe ich üüüberhaupt keine Ahnung.

    VG
    Paul

    • admin sagt:

      Das Hack wird ja mehrfach durch den Fleischwolf gelassen. Dadurch wurde es fast so fein wie Brät und entsprechend weich. Wenn es nun gekühlt wird. ziehen ersten die Gewürze besser ein und zweitens wird die Masse fester. Ich habe sie dann noch einmal durch den Fleischwolf gelassen und die Wursttülle aufgesetzt. So bekam ich gleichmäßige Stränge aus der Masse, die ich alle paar cm abschnitt und ab in die Fritteuse.
      VG
      Gerd

  6. Basler Dybli sagt:

    Danke für die interessanten Erklärungen und die Aufzählung der kulinarischen Highlights. Habe dies und das schon gegessen, aber nie alles gewusst. Die Zutaten der frikandel lesen sich absolut gut und erfolgsversprechend. Das Rezept ist gekupfert.
    Dazu Pommes frites und Mayonnaise … – vermutlich wird auch dazu bzw. anschliessend Genever (oder so) keinen (weiteren) Schaden anrichten. ;-)
    heel hartelijk bedankt für das Rezept !

    • admin sagt:

      Die frikandel waren ein absolutes Highlight. Sie erinnerten ein wenig an eine feine Bratwurst mit einem Hauch von Exotic. Da ich sie nicht für mich alleine zubereitet habe, befürchtete ich vorher, die isst niemand. Genau das Gegenteil war der Fall. Ruckzuck waren alle weg.

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