Das Leibgericht aus dem Ruhrgebiet – kann auch Stemmelkort sein

„Wat isste denn am liebsten?“ – eine schwierige Frage im Ruhrgebiet. Vielleicht ist die Antwort Currywurst mit „Pommes Schranke“ * und vielleicht noch Kohlrouladen oder Kartoffelpuffer – viel mehr fällt den meisten Ruhrpöttlern auf die Frage nach ihrem Leib- und Magengericht nicht ein.

Das ist im Ruhrgebiet auch kniffliger als in süddeutschen Regionen mit jahrhundertelang gewachsener Kochtradition wie Baden oder Bayern – denn an der Ruhr kamen mit jeder neuen Einwanderungswelle von Industriearbeitern auch kulinarisch neue Impulse: Pizza, Pasta und Rucola-Salat von Italienern, die ab Mitte des 19. Jahrhunderts die Eisenbahnlinien an der Ruhr bauten, Krautwickel und süß-saure Rote-Beete-Suppen kamen von den polnischen Bergarbeitern und in jüngerer Zeit gibt es Lammgerichte mit Schwarzkümmel und Knoblauch von türkischen Zuwanderern.

* Die Hauptzutat für Pommes Schranke sind die allseits bekannten Pommes Frites. Entgegen der Meinung, dass der Name durch die Beigabe von Ketchup und Mayonnaise entstanden ist, haben Historiker herausgefunden, dass die Herkunft der Bezeichnung bereits Mitte der 50-er Jahre entstanden ist. Zum damaligen Zeitpunkt, es wurden noch Dampflokomotiven bei der Deutschen Bahn eingesetzt, war die Wartezeit vor den geschlossenen Bahnschranken erheblich länger.
Heutzutage kann man schon nach nur 10 bis 15 Minuten mit einem vorbeifahrenden Zug rechnen, damals jedoch dauerte das schon mal an die 30 Minuten. Die Zeit zwischen dem Schließen und Öffnen der Schranken an Bahnübergängen nutzte der Wartende in diesen Zeiten gerne für einen kleinen Snack um seinen Hunger zu stillen – eben mit Pommes an der Schranke.
Imbissstuben an Bahnübergängen schossen in diesen Jahren wie Pilze aus dem Boden, jeder Bahnübergang hatte auf jeder Seite seine 1 bis 4 Imbissbuden mittlerer bis schlechter Qualität. Durch die minderwertigen Kartoffeln, die für die Produktion der Pommes verwendet wurden, musste sowohl Ketchup wie auch Mayonnaise zur Geschmacksverbesserung hinzugefügt werden. An holländischen Bahnübergängen soll es gerüchteweise sogar Geschmacksverstärker in Form von Käsesauce und Zwiebeln gegeben haben.
Quelle: http://www.stupidedia.org/stupi/Pommes_Schranke

All das prägt nicht nur die Imbissstuben in den Innenstädten, sondern hat seit langem Platz in den Rezeptbüchern der traditionellen Ruhrküche – neben selbstgekochten Steckrüben mit Speck, die manche Bergmannsfrau Tag für Tag ans Zechentor brachte, Kohlgerichte aller Art, und als Festessen ab und zu eine gebratene Taube im Speckmantel oder ein Kaninchen aus dem eigenen Stall.
Daneben gab es auch die kleinen Gerichte, die daheim gekocht und gebacken wurden und immer ihre Liebhaber hatten. Dazu gehört Stemmelkort. Stemmelkort war eine Leckerei, die sowohl am Nachmittag zum Kaffee gegessen wurde – aber auch ein Abendessen sein konnte.


Manches Mal war Stemmelkort auch wundervolle Resteverwertung, wenn es am Tag vorher Möhren-Kartoffelpüree gab. Gestreckt mit etwas Mehl und einem Ei, wurden daraus herrlich schmackhafte Küchlein. Besonders lecker waren sie dann, wenn auch noch ein paar Stückchen ausgebratener Speck darin waren.

Zutaten
750 g Karotten
1 mehlig kochende Kartoffel
1 l Gemüsebrühe
1 Lorbeerblatt
2 Nelken
1 Bund Petersilie
1 Zwiebel
Brat- oder Kochspeck (Bacon) in feine Streifen geschnitten
2 Eier
3 EL Mehl
3 EL Hartweizengries
Muskat, Salz und Pfeffer
Butterfett (z.B. Butaris)

Zubereitung:
Karotten und die Kartoffel waschen und schälen.
Petersilie fein wiegen.
Möhren und die Kartoffel in Würfel schneiden und in der Gemüsebrühe mit einem Lorbeerblatt und 2 Nelken ca. 15 Minuten weich garen. Das Lorbeerblatt und die Nelken herausnehmen.
In der Zwischenzeit die feingewiegte Zwiebel in wenig Butaris goldbraun braten.
Die gekochte Karotten-Kartoffelmischung im Topf mit einem Kartoffelstampfer zerdrücken, feinpürieren ist bei weitem nicht so gut.
Mehl, Gries und Ei hinzufügen, die gebratenen Zwiebeln unterheben, mit Muskat, Salz und Pfeffer würzen und gut durchrühren bis ein Möhrenteig entsteht. Jetzt noch einmal abschmecken, dann die feingewiegte Petersilie zugeben. Danach eine Weile stehen lassen, damit der Gries und das Mehl gut ausquellen.
In einer Bratpfanne das Butterfett heiß werden lassen und die Kochspeckstreifen anbraten. Aus dem Teig 4 – 6 cm große Küchlein formen, von beiden Seiten bei milder Hitze knusprig und goldbraun ausbacken.

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