Töttchen

Das Töttchen – eine einzigartige Spezialität landesweit, die es nur im Münsterland gibt und die damit unverwechselbar für die Region steht. In meiner Kindheit gab es oft Gelegenheiten, zu denen ein Töttchen gehörte. Fuhren wir in die Stadt nach Münster zum großen Samstagseinkauf, so führte irgendwann am Morgen der Weg in eine Gaststätte um sich zu stärken und aufzuwärmen. Hier gab es als zweites Frühstück ein Töttchen, meist bei Stuhlmachers am Prinzipalmarkt. Ebenfalls beim Schützenfest auf dem Land war es das zweite, warme Frühstück. Das war schon für uns Kinder selbstverständlich. Erst der unverwechselbare Duft des Töttchens vermittelte uns das richtige Festgefühl. Und dazu tranken die Männer einen Klaren. Zum Töttchen gehörte natürlich ein Schnaps. „Sonst bekommt es nicht!“ sagte mein Großvater. Töttchen gab es als kleines Gericht in einer Skatpause und bei Familienfeiern am späteren Abend, falls noch jemand Hunger hatte. Das Töttchen war allgegenwärtig.
Woher der Name Töttchen kommt, kann niemand so genau sagen, aber wahrscheinlich leitet er sich vom plattdeutschen „toddern“ – durcheinandermischen – ab.

Warum ist gerade Töttchen ein Traditionsessen? Mit der kalten Jahreszeit begann die Schlachtsaison. Auf den Bauernhöfen und in ganz vielen Stadthaushalten wurde ein Schwein, ein Rind oder gar ein Kalb geschlachtet und verwurstet. Nur, was tun mit dem Kopf des Tieres? Verkommen ließ man nichts! In vielen Familien war es üblich, den Kopf den Armen zu schenken. Die kochten ihn zusammen mit Beinfleisch (zum Gelieren), suchten das Kleinfleisch sorgfältig ab, verschmorten es mit Zwiebeln und schmeckten mit Gewürzen und etwas Essig ab. Ein leckeres Ragout!

Lange Jahre galt das Töttchen als „Arme-Leute-Essen“, bis es auch von der etablierten Bürgerschicht als Köstlichkeit entdeckt wurde. „Das Fleisch, das nahe am Knochen wächst, ist immer das Beste!“ So sagte schon meine Urgroßmutter.
Damals galt auch der Spruch: „Der liebe Gott weiß alles, nur nicht was im Töttchen ist.“ Das gilt heute nicht mehr, denn meist wird das Töttchen aus schierem Kalbfleisch hergestellt. Aber wie das so ist, hat jede Familie ihr eigenes Rezept, und ich bevorzuge Töttchen aus halb Kalb- und halb Rindfleisch.


500 g Kalbsschulter oder -brust
500 g Rindfleisch von der Hohen Rippe
1 Zwiebel
1 Stange Lauch
1/2 Sellerieknolle
2 Lorbeerblätter
2 Nelken
8-10 weiße Pfefferkörner
1 Zwiebel gewürfelt
2 EL Butter
2 EL Mehl
1 TL Salz
2 EL scharfer Senf
Saft von 1/2 Zitrone
einige Kapern
Zucker
Worcestershiresauce
Salz und Pfeffer

Das Fleisch mit dem gewaschenen und geputzten Suppengrün, den Lorbeerblättern, der mit Nelken gespickten Zwiebel, den Pfefferkörnern und etwas Salz etwa 1,5 Stunden bei mittlerer Hitze in 1 ¼ l Salzwasser weich kochen.

Aus der Brühe nehmen, etwas abkühlen lassen, evtl. Fett und Sehnen entfernen und in Würfel schneiden. Die Brühe durch ein feines Sieb gießen. Küchenzwiebel abziehen und in Würfel schneiden, dann in der Butter goldgelb braten. Das Mehl darüber stäuben, leicht anbräunen lassen und mit etwas Brühe ablöschen. So viel von der Brühe dazu gießen, dass eine dickliche Sauce entsteht. Die Sauce etwa 15 Minuten köcheln lassen, die Kapern dazugeben dann mit dem Zitronensaft bzw. Essig, etwas Zucker und dem in drei Esslöffeln Brühe verrührten Senf pikant und leicht säuerlich abschmecken. Die Fleischwürfel in die Sauce geben und einige Minuten darin erhitzen.
Vor dem Servieren einen Spritzer Worcestershiresauce darüber geben.

Dazu passt ein kräftiges Bauernbrot (Stuten).

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